Weibliche Pornos: Was Frauen sehen wollen...

... und Männer offenbar auch: Pornoclips, die vermehrt auf den weiblichen Blick zugeschnitten sind.

Dass Pornos für Frauen längst kein Orchideen-Fach sind, ist wichtig. Ich kann mich noch an diese Videotheken erinnern, wo es hinter dem Perlenvorhang verschwitzte Fantasien zum Leihen gab. Und dann diese Erwachsenen-Besäufnisse – „Party“ genannt. Vorher mampfte man Käseigel und illustrierte Brötchen, bis schließlich zur späten Stunde ein Typ ins Vorzimmer kroch, um an einem Plastiksackerl zu nesteln: „Ui, Freunde, ich hätte da was.“ Bald saßen die Damen und Herren an Soletti und Doppelliter und beobachteten mächtige Penisse beim Rammeln. Dann kam das Internet und die Sache war gegessen. Heute können alle alles konsumieren, bis zum letzten Dreck, morgens, abends, nachts. Keine Fantasie, keine Perversion, die nicht ihre Befriedigungs-Projektion findet – mit Milliarden Nutzern und hohem Masturbationspotenzial.

Moderne Zeiten, neue Ansätze. Befremdlich war und ist, dass es sich sehr lange ausschließlich um Szenen handelte, die von Männern für Männer gemacht wurden. Frauen wurden als Befriedigungs-Massenware zum Objekt degradiert – dass sie radikal durchgebumst wurden, schien ihr einziger Nutz-Wert. Es wird vor allem dann problematisch, wenn keine Alternativen existieren und ausschließliche Bilder gezeichnet werden. Manches Lust-Prinzip kann natürlich einer Inszenierung dienen, wie die schwedische Regisseurin Ninja Thyberg in Interviews erwähnt. Für den Spielfilm „Pleasure“ begab sie sich in die Tiefen der Porno-Industrie. Ziel war es, mit Vorurteilen zu brechen. Dafür zeigt sie den Arbeitsalltag von Pornostars auf Basis von Recherchen. Der Film ist nicht immer leicht verdaulich. In einem Interview sagte sie, dass die Idee der für diese Filme so typische Objektivierung nicht unbedingt Entwertung oder gar Entmenschlichung bedeuten müsse, es könne durchaus spielerisch sein, Spaß machen. Vielleicht würde es therapeutische Zwecke erfüllen, mit Machtverhältnissen zu jonglieren.

Bald saßen die Damen und Herren an Soletti und Doppelliter und beobachteten mächtige Penisse beim Rammeln. Dann kam das Internet und die Sache war gegessen. Heute können alle alles konsumieren, bis zum letzten Dreck, morgens, abends, nachts.

Von Frauen für Frauen

Mag schon sein, aber schön wäre dennoch mehr Bewusstheit, vor allem im Hinblick auf jüngere Konsumentinnen und Konsumenten. Im Sinne eines Vorschlags, aber nicht eines „Das-muss-beim-Sex-immer-sein.“ Deshalb gewinnt die Existenz von Alternativen große Bedeutung. Von Frauen für Frauen gemacht, aber nicht nur. Je mehr Männer zusehen, desto besser. Im Sinne einer Bewusstseinserweiterung, die hat in der Sexualität noch nie geschadet. Erst unlängst habe ich von einem erfreulichen Beispiel gelesen, das noch dazu äußerst erfolgreich ist, also gutes Geld verdient. Es handelt sich dabei um das Berliner Start-up „Cheex“, eine Plattform, die in Form einer „Community“ Erotik-Hörspiele, Pornos und Sex-Workshops für Frauen bietet. Alles, was man dort zu sehen oder zu hören bekommt, soll ein authentisches Bild gelebter weiblicher Sexualität zeigen. Mit dieser Idee wurden seit dem Start im Jahr 2020 bereits Millionen verdient.

Nicht nur Frauen schauen solche Pornos, es finden sich immer mehr Männer, die sowas spannend finden. Wichtiger Aspekt: „Cheex“ schafft faire Arbeitsverhältnisse, mit volljährigen und regelmäßig getesteten Protagonisten. Die Macher setzen sich, laut Homepage, für eine selbstbestimmte Sexualität, frei von Scham und Stigma, ein. Alle Bedürfnisse aller Geschlechter werden berücksichtigt, weil „wir davon überzeugt sind, dass Sexualität so dargestellt werden muss, wie sie tatsächlich gelebt wird – divers, lustvoll und einvernehmlich. Dabei geht’s nicht zwingend um Ad-hoc-Befriedigung, sondern darum, die Fantasie anzuregen“. Wunderbar, große Freude. Hoffentlich bald noch mehr von sowas.

Achtsam beim Sex

„Sensory Sex“ gilt als neuestes Netz-Schlagwort, wenn es um die Lust geht. Was das bedeutet? Ein Experimentieren mit allen Sinnen, kein Fokus auf Genitalien. Dabei wird das Hören (Musik, Erotik-Hörspiele) genauso einbezogen wie das Schmecken (z. B. Spiel mit Früchten, Schoko), Fühlen, Sehen oder Riechen. Man denke hier nur an den Effekt von Duftölen. Wirkt erregungssteigernd und entspannend zugleich.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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