Über sexuelle Wünsche offen sprechen – eine Zumutung?
Über sich als sexuelles Wesen ehrlich und offen mit dem Partner zu reden, mag heikel sein. Dennoch gilt: Nur zu, es zahlt sich aus.
Mute dich zu: Ein weiser Satz, locker dahingesagt. Sich ehrlich einem anderen Menschen gegenüber zu zeigen und über die eigenen sexuellen Sehnsüchte offen zu sprechen, bleibt dennoch ein heikles Unterfangen. Weil nur die wenigsten gelernt haben, dazu einen Dialog zu führen und sich so zu geben, wie sie sind.
Da ist viel Zögern, da ist Angst, abgelehnt oder abgewertet zu werden. Oder nicht verstanden.
Die inneren Kritiker feiern Party – und das, obwohl wir (vermeintlich) in einer Gegenwart maximaler Toleranz und Offenheit leben. Also lässt man es lieber – und träumt weiter. Irgendwann wächst der Druck und mit ihm die Unzufriedenheit – Wünsche werden dann als Vorwürfe formuliert, Sehnsüchte in wütende Anschuldigungen verpackt. Irgendwann gehen die Partner (ebenso heimlich) neue und fremde Wege.
Die bekannte Sexualtherapeutin Esther Perel schildert in ihrem Blog dazu eine Szene, die vermutlich jeder schon erlebt hat. Ein Paar kuschelt auf der Couch und schaut einen Film, in dem eine Sexszene vorkommt. Nun sagt sie zu ihm: "Du hast mich schon seit Monaten nicht mehr so angesehen."
Auf einmal wird’s unangenehm, der Partner zieht sich zurück und reagiert beleidigt, weil er sich angegriffen fühlt. Er überbrückt den Moment, indem er in seinem Handy herumscrollt, sie fragt sich, was sie falsch gemacht hat, vielleicht kommt es zu einem Streit.
Perel schreibt, dass sie gerne eine TV-Fernbedienung hätte, mit der sie die Szene zurückspulen könnte, um korrigierend einzugreifen. Die Frau hätte das, was sie in diesem Moment fühlte, auch anders formulieren können, im Sinne eines Wunsches: "Dieser Blick. Hast du ihn gesehen? Ich würde mir wünschen, dass du mich auch so ansiehst…" Oder: "Ich vermisse deine Berührungen, kannst du mich küssen?".
Vermutlich hätte der Abend einen anderen Verlauf genommen. Perel nennt das "sexuelle Ehrlichkeit" – dabei können beide Partner ihre Wünsche, Vorlieben, aber auch Einwände so formulieren, dass sie Verbindung kreieren, statt Trennung. Wie erwähnt: Die Fähigkeit dazu wird uns nicht in die Wiege gelegt, sondern muss erst erlernt werden.
Die inneren Kritiker feiern Party – und das, obwohl wir (vermeintlich) in einer Gegenwart maximaler Toleranz und Offenheit leben. Also lässt man es lieber – und träumt weiter. Irgendwann wächst der Druck und mit ihm die Unzufriedenheit – Wünsche werden dann als Vorwürfe formuliert, Sehnsüchte in wütende Anschuldigungen verpackt.
Lust und Lebendigkeit
So, so wichtig, zumal kaum etwas mehr über einen Menschen sagt als das, was und wie er begehrt. Im Begehren verdichten sich sehr viele Aspekte des Seins. Zumal das sexuelle Skript einer Person bereits in der frühen Kindheit geprägt wird – etwa durch die Art, wie Sexualität innerhalb der Familie thematisiert, der eigene Körper wahrgenommen wird oder Geschlechterrollen internalisiert werden.
Es ist eine Erzählung zwischen Lust und Lebendigkeit, Scham und Offenheit, zwischen Schuldgefühlen und Verirrungen/Verwirrungen, oft eingebettet in starke Prägungen. In der Sexualität fließt all das zusammen, zu einem (meist unbewussten) Bild emotionaler Bedürfnisse, Verletzungen und Sehnsüchte, wie Perel meint.
Sexuelle Ehrlichkeit gehe daher weit über Vorlieben hinaus und hilft, bedeutende Aspekte der Persönlichkeit und des Selbst offenzulegen. Einen dazu passenden und schönen Gedanken hat die Philosophin Bettina Stangneth in ihrem Buch "Sexkultur" formuliert: "Wer hier verstehen will, muss Erleben bewusst zulassen. Auch das Erleben der Anderen. Das aber wird nur möglich, wenn wir lernen, Sex nicht mit Angst zu begegnen, sondern mit Ehrfurcht. Sex als mein Wesen zu achten, auch wenn es zu den schlimmsten Befürchtungen Anlass gibt, bedeutet vor allem, den Raum dafür zu schaffen, indem sich jeder auch traut, mit dem Erzählen von seiner Lust zunächst einmal zu scheitern …"
Eine Mutprobe, ja. Aber eine, die sich lohnt.
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