
Mankeeping: Wenn Frauen alles managen – außer ihre Lust
Frauen stemmen alles: Familienorganisation, Seelenhygiene, soziale Kontakte. Das raubt Energie – und oft auch Lust auf Nähe und Leidenschaft.
Er verschwitzt den Geburtstag von der Mama. Sie kauft die Blumen. Er prokrastiniert in Sachen Steuererklärung. Sie ruft beim Finanzamt an. Er hat keine Lust, seine Gefühle zu sortieren. Sie lauscht, beruhigt, analysiert. Und: Sie kümmert sich um Treffen mit Freunden. So mutiert sie zur Fürsorgebeauftragten in Sachen Zwischenmenschlichkeit & Co. Und wenn das alles erledigt ist, soll sie bitte in glamourösen Dessous antanzen und radikales Begehren signalisieren.
Auch das Reden muss oft die Frau initiieren, inklusive Feedbackrunde und Ergebnisprotokoll. Während er glaubt, Kommunikation per WhatsApp, in drei flüchtigen Sätzen, reiche. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz: Wer das Herz, den Kalender und die Psyche des Partners managt, hat irgendwann keinen Platz mehr für Begehren.
Willkommen in der neuen olympischen Disziplin: Mankeeping. Geprägt wurde der Begriff von Angelica Puzio Ferrara, Stanford University, er lehnt sich an das Wort „Housekeeping“ an. Aber eben nicht für Küche und Staubsauger, sondern für das emotionale Innenleben des Mannes. Frauen würden damit nicht nur die „unsichtbare“ Alltagsorganisation leisten, sondern zusätzlich die emotionale und soziale Infrastruktur ihres Partners checken, so Ferrara. Die Steigerungsform des Mental Load: unbezahlte Care-Arbeit, plus erotisches Bonusprogramm. Frauen werden zu Partnerinnen, Therapeutinnen, Animateurinnen, Sekretärinnen und Sexgöttinnen in einem. Das Problem: Wer die gesamte kognitive und emotionale Haushaltsführung stemmt, trägt irgendwann so viel Last, dass die eigene Lust auf der Strecke bleibt. Begehren braucht Leichtigkeit, nicht Ausbrennen. Wenn der Kopf voller Einkaufslisten, Arzttermine, Familienchats und Paargespräche ist, bleibt wenig Raum für spontane Erotik. Oder, um es schnörkellos zu sagen: Frauen, die dauernd den Projektmanager für Männer spielen, haben irgendwann kein Verlangen mehr danach, auch noch die verkehrstüchtige Femme fatale zu geben.
Hier kommt eine besondere Ironie ins Spiel. Denn viele Männer, so klischeehaft das klingen mag, spüren diesen Mangel an „Pepp“ – und suchen ihn sich irgendwann woanders. Still und heimlich. In Affären, bei Geliebten, jenseits der Problemzone, wo keine Familienfeste geplant oder Schwiegermums besänftigt werden müssen. Die Liaison ist frisch, prickelnd, ein Salon privé der Lebenslust. Der weibliche „Load“ bleibt trotzdem, aber anders: Die Geliebte sitzt am Sonntag solo daheim, während er die Familienjause zelebriert. Organisiert von – genau: seiner Ehefrau. So wird die Unvereinbarkeit der Rollen auf die Spitze getrieben: Hier jene, die das gesamte Fundament des gemeinsamen Lebens trägt, samt Excel-Tabellen für die Geschenkeplanung. Dort die andere, die für die Ekstase zuständig ist, aber nie das Gesamtpaket bekommt. In der Mitte er, der glaubt, er jongliere alles meisterhaft, während er eigentlich nur Verantwortung auslagert. Am Ende bleibt bei allen etwas auf der Strecke.
Natürlich könnte man sagen: „Dann redet doch einfach darüber.“ Aber genau hier zeigt sich die Komik des Mankeeping: Auch das Reden muss oft die Frau initiieren, inklusive Feedbackrunde und Ergebnisprotokoll. Während er glaubt, Kommunikation per WhatsApp, in drei flüchtigen Sätzen, reiche. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz: Wer das Herz, den Kalender und die Psyche des Partners managt, hat irgendwann keinen Platz mehr für Begehren. Libido entsteht dort, wo beide Verantwortung übernehmen – für Gefühle, Termine, das Liebesleben. Wer wirklich guten Sex will, muss auch den Mental Load teilen. Sonst landet sie in der Erschöpfung und er in der Absprungposition. Vielleicht ist die erotischste Geste nicht die rote Rose, nicht das Spitzenhöschen und auch nicht der Dreier. Sondern ein Mann, der die Familiengeburtstage im Griff hat, die Dokumentenmappe nicht wie ein Osterei sucht und seine Kumpels selbst zusammentrommelt.
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