
Warum das Universum kein Dating-Portal ist
Parkplätze "ganz oben" bestellen? Vielleicht. Doch. Begegnung bleibt Zufall – und guter Sex beginnt, wo Kontrolle aufhört.
Manifestation – das klingt nach Magie. Die Idee: Gedanken erschaffen Realität. Was man sich intensiv genug vorstellt, das ziehe man ins eigene Leben. Etwas, das seit Jahrzehnten durch Selbsthilfebücher und Social-Media-Accounts geistert, die einem weismachen wollen, das Universum sei eine Art Bestellservice. Wünsche abschicken, Fokus halten – und zack: Traummann vor der Tür. So wie andere beim Universum Parkplätze ordern oder Croissants beim Bäcker.
Aber Liebe ist anders. Sie ist Begegnung, Zufall, Stolpern. Sie ist schmerzhaft, unberechenbar, großartig. Und manchmal enttäuschend. Aber wenn sie gelingt, dann knistert sie – nicht, weil man ein Ziel visualisiert, sondern weil zwei Körper wie von selbst wissen, wohin die Hände gehören.
Praktiziert wird dieses Denken vor allem dort, wo Hoffnung und Markt aufeinandertreffen: in Seminaren, in Ratgebern. Motto: Wer heftig visualisiert, wird heftig belohnt. Klingt praktisch, vor allem aber verlockend. Doch in Sachen Liebe oder gar Sex wird es grotesk. Da sitzt man also angestrengt herum, um sich den Lover der Träume anzuziehen, mit Sixpack und einem Kamasutra-Repertoire samt Orgasmusgarantie. Aber was, wenn’s nicht klappt und die Realität bleibt, wie sie ist: Die Katze liegt im Bett und schnarcht lauter als der Typ, von dem man sich gerne trennen würde. Dann bleibt man nicht nur frustriert, sondern auch mit dem nagenden Gefühl zurück, selbst schuld zu sein. Pfuh: absolutes Manifestationsversagen.
Neulich bekam ich ein Mail von einem Beziehungscoach. Statt simpler Affirmationen solle man „Level 2“ anwenden: 13 Regeln, 33 Tage. Heißt: täglich Ziele niederschreiben, Realitätschecks machen, Scheißgefühle aushalten, „Manifestationsgebühren“ bezahlen. Klingt weniger nach Liebe, mehr nach Steuererklärung. Bezahlt werden soll mit Zeit (Geduld, Demut), vermutlich auch mit Geld (für Coachings, Dating-Abos). Und mit Gefühlen, naturgemäß. Denn ja: Ablehnung, Frust und Einsamkeit gehören ausdrücklich dazu. Kurzum: Diese Gebühren sind nichts anderes als das Leben selbst. Nun: Wenn man genauer hinsieht und in Sachen Level-2-Tipps den Marketing-Nebel wegwischt, stecken da gar nicht so blöde Ideen drin. Geduld haben. Reflektieren. Gefühle aushalten. Sich selbst besser kennenlernen, statt auf den Erlöser zu warten.
Prinzen- und Prinzessinnengetue
Das alles sind kluge Gedanken, so lange man sich nicht an der Idee des „Traumpartners“ festkrallt. Dieses inflationäre Prinzen-und-Prinzessinnengetue, diese überhöhten Erwartungen, dieser Druck. Vielleicht reicht einfach ein Mensch, der zuhört, lacht – und einen beim Sex nicht mit Affirmationen zutextet, sondern mit Haut und Atem da ist.
Das Problem solcher Glücksrezepte: Sie lassen uns glauben, wir könnten jede Unsicherheit ausmerzen, jedes Risiko wegzaubern, das Leben und Lieben optimieren. Aber Liebe ist anders. Sie ist Begegnung, Zufall, Stolpern. Sie ist schmerzhaft, unberechenbar, großartig. Und manchmal enttäuschend. Aber wenn sie gelingt, dann knistert sie – nicht, weil man ein Ziel visualisiert, sondern weil zwei Körper wie von selbst wissen, wohin die Hände gehören. Vielleicht ist das der Punkt: Aufhören, vom Universum Lieferungen zu erwarten. Aufhören, Menschen in Pläne zu pressen. Und anfangen, echte Begegnungen zuzulassen – ungefiltert, unfertig, unmanipuliert.
Beziehung öffnen.
Nichtmonogamie liegt im Trend, sie kann unterschiedliche Formen annehmen: offene Beziehung, Polyamorie, Beziehungsanarchie. Die Wege dahin sind vielfältig, aber oft auch holprig. Das Gruppenangebot „Opening up“ ist eine Reise in sechs Etappen: 6 Abende. 6 Monate. 6 Themen. 6 Paare. Als Lern- und Begegnungsraum für die komplexe Thematik – und als solide Basis, um zu entscheiden, wie es weitergehen kann. Info: „nichtmonogam.com“
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