Frau hat Lust auf Sex

Sexuell wachsen: Wie erotische Vielfalt die Paarsexualität verbessert

Wenn in Beziehungen die Erotik entschlummert, schlittern viele Paare ins Tief oder flüchten sich in Scheinlösungen. Ein Jammer, denn mit Mut und Ehrlichkeit könnte es ganz anders laufen.

Ich weiß, ich weiß, was du als nächstes tun wirst: dazu diskretes Gähnen: Das ist, was manche beschreiben, wenn sie an Sex mit ihren Langzeit-Partnern denken. Vieles ist etabliert, das meiste vorhersehbar und was beide wirklich wollen, weiß keiner so genau. Die Macht der Gewohnheit dominiert, über Sehnsüchte liegt der Beischlaf-Mantel des Schweigens. Mit der Zeit einigen sich Paare stumm auf Asexualität oder Affären.

Kann aber auch sein, dass einer mit einer semioriginellen Idee zur Auffrischung daherkommt (meist der Mann): „Schatz, lass uns etwas probieren, um Schwung in unsere Beziehung zu bringen.“ Die Rede ist von Beziehungsöffnung: Einer will fremdgehen, der andere soll das ursuper finden und sich ebenfalls nach neuen erotischen Begegnungen umschauen. 

All das firmiert unter dem Begriff „Nicht-Monogamie“, auch: „offene Beziehung“. Kann funktionieren, tut es oft nicht, liegt trotzdem im Trend. Meist gibt einer nach, um die Beziehung zu retten, doch innen drin ist glasklar: Geht gar nicht, Albtraum. In dieser Konstellation also eine eher suboptimale Idee und keinesfalls der beste Weg, um einer Beziehung im Sexualkoma neues Leben einzuhauchen.

Salopper formulierte es die US-amerikanische Sexualpädagogin Emily Morse in einem Gespräch mit der New York Times: „Eine andere Version von ,Lass uns ein Baby bekommen’, um die Beziehung wieder interessanter zu machen oder von Problemen abzulenken.“ Offen zu lieben, würde aus ihrer Sicht nur dann funktionieren, wenn da zwei sind, die ihre sexuellen Wünsche genau kennen, sie ehrlich kommunizieren und bereit sind, gemeinsam ins Beziehungswachstum zu investieren. 

Bei der Sexualität spielen so viele Faktoren hinein, jenseits gängiger Vorstellungen. Da gibt’s keine Bedienungsanleitung wie bei Gesellschaftsspielen oder Elektrogeräten, samt Regeln und Knöpfen zum An- und Ausknipsen.

Alles andere sind Scheinlösungen. Gerade an diesem Punkt geraten viele an Grenzen, vor allem aus einem Grund: Nicht-Wissen. Die meisten Menschen haben keinen Schimmer, welche Art von sexuellem Wesen in ihnen steckt und wie sie begehrt, berührt, nehmen und genommen werden wollen. Nicht-monogam leben zu können, braucht ein hohes Maß an sexuellem Selbst-Bewusstsein, an Neugier und Ehrlichkeit, vor allem aber an Kommunikationsfähigkeit. 

Am letzten Punkt scheitert das Projekt „Open Schlafzimmer“ meist. Viele denken, Sex sei etwas, das einfach so funktioniert. Wie essen, trinken, verdauen. Falsch. Bei der Sexualität spielen so viele Faktoren hinein, jenseits gängiger Vorstellungen. Da gibt’s keine Bedienungsanleitung wie bei Gesellschaftsspielen oder Elektrogeräten, samt Regeln und Knöpfen zum An- und Ausknipsen. Sexualität ist reich an Facetten und Spielarten – und wir mittendrin, als Staunende, die für sich herausfinden müssen, was gefällt und was passt. Um Paarsexualität zu verändern, sollte diese Vielfalt wahrgenommen werden.

Hier mehr lesen: Wunsch vieler Paare: weniger arbeiten, mehr Zeit für Partner

In ihrem Buch "Smart Sex" schlägt Morse daher „Sex-Gespräche“ vor, etwa ein monatliches "Check-in", um darüber zu plaudern, was geht, was nicht geht und was anders besser wäre. So ein Erotik-Plausch sollte nicht allzu lange dauern und problemhaft ausufern. Da geht es weniger um die Idee eines "Wir müssen reden!", sondern darum, sich dem anderen zuzumuten und zu zeigen: Wer bin ich, wer bist du – und wie finden wir lustvolle Schnittmengen? Guter Sex ist das Ergebnis eines kontinuierlichen Entwicklungsprozesses. 

Und ja klar, so ein Gespräch mag fürs Erste ein wenig komisch wirken, unangenehm sein, vielleicht stellt man sich patschert an. Doch so ist das, wenn Dinge neu und ungewohnt sind. Aber dann, dann werden Wunder wahr, im Sinne einer tiefen erotischen Verbindung, die ein "Mehr" ermöglicht. Vielleicht auch Nicht-Monogamie.

Urlaubsträume

Wie  beliebt Paarurlaube sind, zeigte sich nun in einer Umfrage im Auftrag von „ElitePartner.at“. Das Ergebnis: Vor allem  Frauen (41 %)  wünschen sich Urlaube mit dem Liebsten, Männer weniger  (34 %). Dabei geht es ihnen vor allem darum, gemeinsam Abenteuer zu erleben und mehr Abstand vom Beziehungsalltag zu gewinnen. Beide Geschlechter sehnen sich nach mehr Zweisamkeit und Sex.  

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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