Selbstwertgefühl: Diese 11 Annahmen schaden der Beziehung

Selbstzweifel sind nicht nur schädlich für die eigene Psyche, sie belasten auch die Beziehung. Ein Psychologe klärt auf, welche elf Annahmen die Beziehung sabotieren können.

Eine Partnerschaft ist etwas Wunderbares. Dabei spielt die Qualität unserer Beziehung für unsere psychische sowie emotionale Gesundheit und unser Wohlbefinden eine wichtige Rolle. Einer, der sich mit diesem Thema genauer beschäftigt, ist der Psychologe Jim Taylor. Er konnte im Laufe seiner Berufsjahre einige Menschen beobachten, die ihre Beziehung zum Partner sabotieren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Taylor geht allerdings davon aus, dass vor allem ein geringes Selbstwertgefühl der Kern dieses selbstzerstörerischen Verhaltens ist. Deswegen hat er elf Selbstwahrnehmungen zusammengetragen, die seiner Meinung nach einer Beziehung schaden können.

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Wie sich das Selbstwertgefühl entwickelt

Taylor schreibt in seiner Arbeit auf psychologytoday.com: "Das Selbstwertgefühl ist zu einem Teil unseres psychologischen Zeitgeists geworden und dient als universelle Erklärung für viele der Hindernisse, mit denen so viele Menschen in ihrem Leben konfrontiert sind. Daher kann seine Bedeutung in unserem Leben als ein Etikett, das Menschen sich selbst anhängen, trivialisiert werden.“

Er kritisiert jedoch im weiteren Verlauf, dass das Selbstwertgefühl weit mehr ist als nur ein Etikett. Es handle sich laut ihm um einen Deskriptor, der Wahrnehmungen umfasst, die Menschen über sich selbst haben. Sie führen dazu, dass sie ihre Beziehungen aktiv – wenn auch unbewusst – sabotieren. Einfach ausgedrückt: Das Selbstwertgefühl lässt sich dadurch charakterisieren, wie man sich selbst wertschätzt. Das hat enorme Auswirkungen darauf, welche Ziele man sich setzt, welche Emotionen man erlebt, mit wem man interagiert und wie man sich verhält.

Das Selbstwertgefühl entwickelt sich aber nicht von allein. Es ist ein Ergebnis aus früheren Lebenserfahrungen mit der Familie, Gleichaltrigen, Freunden, Institutionen und unserer breiteren Populärkultur, die vor allem durch Soziale Medien Einfluss gewonnen hat.

Warum sabotieren Menschen ihre Beziehung?

Taylor schreibt: "Da das Selbstwertgefühl mit Beziehungen zusammenhängt, habe ich eine absteigende Entwicklung von Wahrnehmungen in Bezug auf sich selbst und andere festgestellt, die zu Sabotage in Beziehungen führt.“ Laut ihm besteht der Zweck der Sabotage darin, sich vor dem Schmerz der Ablehnung zu schützen. Das Problem dabei: Das Ergebnis der selbstzerstörerischen Wahrnehmung ist meist eine selbst erfüllende Prophezeiung, die einen daran hindert, eine gesunde Beziehung zu pflegen.

Die elf Annahmen, die der Beziehung schaden können

1. "Ich bin der Liebe nicht würdig“: Diese Wahrnehmung schafft die Voraussetzung für das Scheitern einer Beziehung. Personen glauben in diesem Fall nicht, dass sie gute Menschen sind, die Respekt, Wertschätzung und Liebe verdient hätten.

2. "Sie werden mich ablehnen“: Ablehnung zählt zu den schmerzhafteren Erfahrungen im Leben, weil sie, wie viele von uns glauben, ein direkter Ausdruck unseres Wertes als Mensch ist.

3. "Ich werde unerträgliche emotionale Schmerzen verspüren, wenn ich abgelehnt werde“: Ablehnung führt zu emotionalen Schmerzen, die so stark sind, dass sie schwächend wirken. Der emotionale Schmerz löst letztendlich das Bedürfnis aus, die Beziehung zu sabotieren. 

4. "Ich werde starke Angst verspüren“: Die wahrgenommene Bedrohung durch emotionalen Schmerz führt dazu, dass das primitive Gehirn auf Hochtouren arbeitet, um uns vor der Bedrohung zu schützen. Das heißt: Der Überlebensinstinkt wird aktiviert und die Kampf-und-Flucht-Reaktion schaltet sich ein.

5. "Ich muss mich vor emotionalen Schmerz schützen“: Intensive emotionale und physiologische Erfahrungen ergeben die Schlussfolgerung, dass wir uns um jeden Preis vor der wahrgenommenen Bedrohung und dem emotionalen Schmerz schützen müssen.

6. "Wenn ich mich nicht schütze, werde ich ein lebenslanges Trauma erleben“: Die Annahme, entsetzlichen Schmerz zu verspüren, wird durch die Annahme untermauert, ein Leben voller Traumata zu führen, was für immer eine Belastung sein wird.

7. "Um das zu verhindern, muss ich die Kontrolle über die Beziehung übernehmen“: Diese Annahme führt laut Taylor dazu, dass Menschen Maßnahmen ergreifen, um sich vor den oben genannten Wahrnehmungen zu schützen. Jedoch führt genau das zu dem, was die meisten fürchten: das Ende der Beziehung.

8. "Es ist besser für mich, die Beziehung zu beenden, als dass die andere Person sie beendet“: Indem Personen die Beziehung beenden, glauben sie, eine weniger schmerzhafte Trennung durchmachen zu müssen. Grund dafür sind das Gefühl von Kontrolle und die Annahme, einer möglichen Ablehnung zu entgehen.

9. "Ich entziehe mich der Bestätigung, dass ich der Liebe wirklich unwürdig bin“: Diese proaktive Annahme ist ein Prozess der Selbstsabotage, der davor schützen soll, die Bestätigung der größten Angst zu erhalten: nicht liebenswert zu sein.

10. "Meine Ängste lassen nach und ich fühle mich besser“: Nach der Beendigung einer Beziehung können Ängste nachlassen. Personen fühlen sich dann nicht glücklicher, aber auch nicht unglücklich. Erleichterung stellt sich deswegen ein, weil Betroffene keinen Tsunami an negativen Gedanken, Emotionen und Interaktionen erleben.

11. "Ich bleibe allein und unglücklich“: Taylor ist der Überzeugung, dass die ersten zehn Annahmen zu einem Leben voller Einsamkeit und Unzufriedenheit führen. Personen betrachten diese Lebensweise trotzdem als das kleinere „Übel“, zwischen denen sie ihrer Meinung nach wählen müssen – das andere ist Ablehnung und Bestätigung der eigenen Unwürdigkeit.

Über Janet Teplik

Digital Producer bei freizeit.at. Nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte zog die gebürtige Deutsche nach Wien und studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Zuletzt war sie stellvertretende Chefredakteurin bei der MG Mediengruppe.

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