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Guidos Kolumne: Die Vespa und ich
Dass die Vespa entscheidet, wann sie schalten möchte und nicht mehr ich selbst, ist irgendwie … komisch.
Die Zeit ist reif: Ich kaufe mir eine neue Vespa. Meine alte – eine PX 125 mit Viergangschaltung aus dem Jahr 2011 – ist nicht mehr gut beieinander. Jetzt wird es eine 125 GTS, natürlich in Schwarz. Die GTS sieht, im Unterschied zu den Sport- und Super-Sport-Modellen, wie eine Vespa aus und nicht wie etwas, auf dem Elon Musk durchs Weltall rollt.
Natürlich hat die neue Vespa ein Automatik-Getriebe und das finde ich ein wenig unsportlich. Dass die Vespa entscheidet, wann sie schalten möchte und nicht mehr ich selbst, ist irgendwie … komisch. Aber wir werden uns schon einig werden, die Vespa und ich.
Ich wurde erst sehr spät, mit über vierzig Jahren, zum Vespa-Fahrer. Als Jugendlicher hatte ich eine orangefarbene KTM Okay, und uncooler ging es gar nicht mehr. Meine Freunde hatten alle Vespas, die sie unter Verstoß gegen jede Menge Gesetze aufmotzten, weswegen sie dann lange Umwege in die Schule fuhren, um möglichen Polizeikontrollen auszuweichen.
Dadurch brauchten sie länger als ich mit meinem harmlosen Moped, obwohl sie viel schneller fahren konnten. Aber es ging ihnen darum, dass sie konnten, obwohl sie sich nie trauten. An den Wochenenden saßen sie im Kreis um ihre Vespas herum, schmierten sich großflächig mit Öl ein, schraubten und sagten dabei rätselhafte Dinge wie "Hundertsechsadreißg Schlitz" oder "Sechzehnsechzehna Primär" oder "Polini-Schnecke". Ich fand nie heraus, wo diese Schnecke lebt. Mir war das Ganze nur langweilig.
Mein Interesse galt eher den Mädchen, die ich fleißig besuchte, während die anderen an ihren Vespas herumschraubten und netterweise darauf verzichteten, Mitbewerber zu sein. Heute bin ich begeisterter Vespafahrer. Ich liebe das Gefühl, wenn der Fahrtwind das Gesicht streichelt. Das großflächige Einschmieren mit Öl überlasse ich großzügig dem Techniker in der Werkstatt.
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