Guidos Kolumne: Ich war in einer Meditationsgruppe
Irgendwann nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte, ob ich mitmachen dürfe. Ich durfte.
In der Schule, die ich besuchte, gab es eine Meditationsgruppe. Der Leiter der Gruppe war ein junger Religionslehrer. Er trug wallendes weißes Gewand, ein Holzkreuz um den Hals und einen dichten Vollbart. Er sah aus wie Jesus. Ich glaube, er hielt sich auch für Jesus. Er schritt durch die Gänge der Schule, als würde er übers Wasser wandeln.
Die Mitglieder der Meditationsgruppe versuchten nach Kräften, so auszusehen wie er. Sie trugen weiße Kleidung und Holzkreuz, nur mit dem Bart klappte es nicht, wir waren damals ja erst 15 Jahre alt. Der Lehrer nannte sie scherzhaft "meine Jünger". Die Meditationsgruppe wurde sehr misstrauisch beobachtet vom Direktor der Schule. Das allein war schon Grund für mich, dabei sein zu wollen.
Vor allem aber ging es mir um die Mädchen. Die hübschesten Mädchen der Schule waren in der Meditationsgruppe. Irgendwann nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte, ob ich mitmachen dürfe. Ich durfte. Das Beste an der Meditationsgruppe waren die Ausflüge. Regelmäßig fuhren wir nach Loretto im Burgenland. Dort gibt es ein altes Kloster, in dem wir uns einquartierten. Den Tag verbrachten wir mit Meditationsübungen, während der Lehrer die Trommel schlug. Das konnte er wirklich gut, schließlich spielte er auch als Percussionist in diversen Jazzbands.
Das Meditieren gefiel mir gut, es machte mich ruhig. Besonders spannend waren die Versuche in Schamanismus. Ich glaubte damals fest daran, dass Schamanen zum Beispiel kranke Menschen heilen könnten. Irgendwann verlor der Lehrer die Lust an der Gruppe. Er kündigte an der Schule und wurde Drogenberater. Ein komisches Wort übrigens: Die wenigsten Drogen brauchen Beratung.
Das Meditieren gab ich bald wieder auf. Aber die Erinnerung an diese Zeit ist großartig. Obwohl es mir damals nie gelang, einem Mädchen näherzukommen.
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