Polly Adler: "Zum Blödeln muss man g'scheit sein"

In tiefer Trauer um Michael Horowitz

Es war so sehr Horowitz, dass er sich trotz Krankheit „das weltbeste Gulasch” vom Naschmarkt aus der „Eisernen Zeit” kommen ließ. Und geräucherten Aal aus Hamburg.  Ein Moment-Akrobat. Ehrenvorsitzender der hedonistischen Partei Österreichs. Sprachfetischist. Ein bisschen Macho und sehr viel Gent. Oasen-Architekt. Denn bei jeder noch so öden Veranstaltung war der Tisch des Ehepaars Horowitz eine Oase des Schmähs, des Pointen-Gefetzes und seiner Anekdoten aus einer versinkenden Welt, die im Zuge ihres zigfachen Recyclings immer noch besser wurden. „Zum Blödeln muss man g’scheit sein” zitierte er manchmal Karl Farkas. 

Die Abende mit ihm und seiner Gang kamen einem Stipendium in Österreichs erster Schmäh-Akademie gleich. Wenn einem die Schlagfertigkeit ins Behäbige driftete, kam nur ein mahnendes „Du sagst, wenn du müde bist.” Bestes Training. Die Vorfahren des Horowitz waren „Bandltandler”; zeitlebens tandelte der „Horo” mit den vielen Facetten seines Talents. Im Gegensatz zum künstlernden Prototyp des Wieners, der gern von  Werken schwärmt, die nie das Licht der Welt erblicken werden, produzierte der Vollzeit-Hedonist Horowitz am laufenden Band und machte sich das Karl-Kraus-Bonmot „Und dann schrumpfte die Idee zur Tat” zum Geschäftsmodell. 

Er war verschwenderisch in seiner Zuneigung und gnadenlos in seiner Abneigung. Charmant unverschämt. Stellte sich nie die Frage „Warum?”, sondern schmetterte  laut „Warum nicht!”  Viele Menschen streuen ihm jetzt Rosen für die Gründung dieses Magazins, seine Bücher, seine Fotos, aber sein schillerndstes Kunstwerk war sein Leben. „Spielt’s Steine !“ rief er oft, wenn ihm das Musikangebot auf einer Party zu lauwarm war und die Zeit mehr als reif für die „Rolling Stones” war. Er litt an einer  lebenslangen Langweiligkeits-Unverträglichkeit. In seinem letzten Buch „Wiener Originale” zitiert er „den Ostbahn” mit dem Satz: „Das nahende Ende ist ständig präsent. Aber das macht das Leben schöner.” Er hat es sich und uns soviel schöner gemacht. 

20. April: Lesung beim Literaturfestival „Leseze!chen” in Waidhofen an der Ybbs, 18 Uhr

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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