Bonjour, Sparefrohnatur!
Krisenakrobatik ist gefragt.
Geiz ist so unsexy. Kennen Sie diesen Typ Mensch, der beim Zahlen im Restaurant darauf besteht, dass er nur ein halbes Dessert gegessen hat und seine zwei Spritzers weit weniger gekostet haben als Ihr Glas Rotwein? Und dann den Kellner mit seinem kleingeistigen Subtraktions-Aktionismus nervt. Solche machen mich aktiv aggressiv. Wie vergötterungswürdig die alten Haudegen, die diskret die Rechnung erledigen und wenn man artig seinen Anteil hinlegen will, nur mit den Worten „Nicht in dem Leben“ die Faust auf den Tisch knallen!
Die geldneurotischsten Menschen, die ich kenne, sind Millionäre. Weil sie in ständiger Panik leben, dass sie nur wegen ihrer Flüssigkeit von den Mitmenschen geherzt werden. Achtung, Bekenntnis zum neuen Kleingeist: Die Krise und ihre Bedrohungen haben meine Sparefrohnatur wachgeküsst. Eine warmes Gefühl des Triumphs durchwummert mich, wenn ich in der Brotboutique den Laib mit dem französischen Vornamen vor Schluss um die Hälfte ergattere. Ich habe auch eine Rabattenmarken-Pathologie entwickelt und hamstere alles, was 25 Prozent ermäßigt ist, auch das Vogelfutter – obwohl vogelfreies Leben. Warum?, werden Sie fragen. Antwort: Dass man’s hat, wenn man es braucht. Der rumänische Schneider hat einen Berg Fummeln zur Reparatur bekommen, ich style mich in Auto-Vintage sozusagen. „Frau“, sagt er und schaut mich nach einem Blick auf das Gebirge mit seinen schöntraurigen Diaspora-Augen an: „wollen Sie wirklich? Zahlt nix aus bei viele.“ „Doch, doch“, flüstere ich, „die fetten Jahre sind definitiv vorbei und ich will eine brave Recycle-Maus sein.“
Er hatte jetzt etwas Mitleid in seine Pupillen geschaufelt und sah mich mit einem „Frau ist arme Irre“-Blick an. Dann bot er mir aus einer Dose einen Keks an, der knapp nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags in Produktion gegangen sein muss. Ich nahm ihn freudestrahlend, die trockene Pappe im Mund tilgte für Stunden jedes Hungergefühl. So geht Krise.
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