Kartoffelsalat-Philosophie

Wie man in einer kleinen Fischhandlung Weisheiten als Beilage bekommt

Nach der körperlichen Ertüchtigung gehe ich am Samstag immer auf den Vorgartenmarkt in die Fischhandlung, gar nicht so sehr wegen der Fische, sondern weil es dort einen grandiosen Kartoffelsalat gibt. Kürzlich mümmelte dort eine hoch betagte Dame an ihrem Kabeljau. „Waren Sie zufrieden?“, fragte die Kellnerin. Die Dame lächelte: „Ich bin immer zufrieden! Alles andere ist sinnlos.“

Ich stellte ihr mit der Entschuldigung für die Störung die Frage: „Wie geht das bitteschön?“ – „Schauen Sie, Kinderle (Anm. danke dafür), ich habe aufgehört, die Dinge persönlich zu nehmen. Ich kann nicht mehr hatschen: OK, normale Abnützung. Mein Mann ist schon vor 20 Jahren gestorben: Traurig, aber er hat eben ein schlechtes Los in der genetischen Lotterie gezogen. Und dann mache ich nichts, worauf ich keine Lust habe. Außer den notwendigen Firlefanz. Und eines der Grundnahrungsmittel für Gelassenheit: Ich halte mich von negativen Menschen fern. Und davon gibt’s in meinem Alter Tonnen.“ – „Die Dauergrantigen gibt es in jedem Alter. Wird man da nicht einsam, wenn man die negativen in die soziale Wüste katapultiert?“ – „Die Guten muss man pflegen wie seltene Pflanzen. Aber ich ertrage keine Ich-Monstren mehr. Solche, die sich unter Dauerbeschuss des Schicksals fühlen. Sie sind wie ein schlechtes Heizungssystem: Verbrauchen viel Energie, geben aber nix ab.“ Ich bedankte mich für soviel Weisheit. Sie kicherte: „Und eines ist noch wichtig, aber ich sehe, Sie sind auf einem guten Weg: Immer nur den besten Kartoffelsalat essen!“

Da fiel mir noch ein Kartoffelsalat-Philosoph ein, der Gastronom und Schauspieler Hanno Pöschl. Er schenkte mir einmal die Weisheit: „A guarter Erdäpfelsalat dauert genauso lang wie a schlechter.“ Auch diese Erkenntnis war ein verbaler Fels, auf den man fest vertrauen konnte. Knapp gefolgt von einem Satz des großen Regiegotts Fritz Kortner: „Machen wir’s langsam, denn wir haben keine Zeit.“ 


Mamacholie: Das Polly-Adler-Muttertagsspecial im Rabenhof, 14. Mai 11 & 15 Uhr. Mit Petra Morzé & Sona MacDonald

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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