Polly Adlers Kolumne: Sondermissionarin Airfryer

Ich brauche dringend Katastrophen-Detoxing.

Ich bin Sondermissionarin für die Religionsrichtung Airfryer. Ehrenamtlich. 

Nein, ich gehöre nicht zu diesen verlogenen "Ich bin gar keine Influencerin"-Tussis, die dann auf ihren Reels sowas flöten wie "Weil so viele gefragt haben, verrate ich euch jetzt das Geheimnis meines Haarshampoos", und undercover für ihre Tarn-Werbung fett abkassieren, sondern ich mache es ausschließlich, um meinem Leben einen Unsinn zu geben. 

Vor allem bei den unpassendsten Gelegenheiten halte ich Oden an die Erfindung des tragbaren Backrohrs, was eigentlich sowas wie eine Heißluft-Clutch ist, weil handlich und überall einsetzbar. 

Meine Freunde quälen sich Höflichkeits-Enthusiasmus ab, weil sie natürlich alle zu besonderen Gelegenheiten von mir ein solches Teil geschenkt bekommen. Vorauseilende Verhinderungsmaßnahmen wie "Klingt wirklich toll. Ich hab’ leider keinen Platz", oder "Koche nicht, bin Foodora-Opfer!", nützen ihnen leider nichts.

Meine Hausfrauen-Referate haben – für mich zumindest – etwas sehr Tröstliches, weil sie einem irgendwie die Flucht aus dem Katastrophen-Karussell von Krieg, Klima und Kickl ermöglichen und in einen Banalitäts-Cocoon hüllen. Und das Zitronen-Thymian-Hühnchen wird tatsächlich besonders saftig. 

Es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten, um Drama-Detoxing zu betreiben. Kochblogs (gerne von aufgeregten Italo-Boys, deren Rezeptanweisungen wie ein Porno mit dem Arbeitstitel "Fifty Shades of Tomatensugo" klingen). Schminktutorials. Katzenclips. Selbsthilfegruppen anonymer Hortensien-Besitzer. 

Schwachsinn aller Art eben, der gleich einer Wundsalbe für die Nerven wirkt und einen in der Illusion wiegt, dass die Welt trotz allem noch ein bisschen Bienchen und Blümchen ist. 

Und irgendwann bekam ich von einem frechen Racker Folgendes zugeschickt: "Gerade eben haben wir noch lustige Zigaretten geraucht und Ausdruckstanz zu 'Tainted Love' betrieben, und schon tauschen wir Airfryer-Rezepte aus." Touché.

"Knietief im Glamour", am 20. 10., 11 Uhr, im Rabenhof. pollyadler.at, [email protected]

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

Kommentare