Polly Adler: Polyflott unterwegs
Der Trend zur Parallel-Romantik
Junge Menschen schwören inzwischen auf einen Beziehungtrend, der wie ein frivoler Parfumname klingt: Polyamorie. Bedeutet soviel wie romantisch motivierte Parallelbeziehungen, von denen alle alles wissen. Die letzten Jahrhunderte war das Konzept ja auch oft Usus, allerdings minus der Transparenz, sondern plus dem Prickeln des Verbotenen, der Flunkerei, dem Heimlichgetue.
Ein notorischer Old-School-Affären-Junkie, dessen Gspusis-Management neben der ahnungslosen Hauptfrau hohe logistische Raffinesse erforderte, brachte den damit verbundenen Stress auf den simplen Punkt: "Bei jedem Mann kommt irgendwann der Moment der Wahrheit und dann heißt es nur mehr lügen, lügen, lügen."
Wir kennen die dazugehörigen endlos öden Schablonensätze: "Es ist nicht das, was du denkst..", "Es hat nichts zu bedeuten", "Es war nur ein einziges Mal.." ect. Eine Fortfpflanz-Freundin, Ende 20, schwimmt seit ein paar Monaten auf der Poly-Welle und ist hell auf begeistert: "Monopartnerschaften sind sowas von Yesterday. Man fühlt sich poly soviel freier. Überleg doch einmal: Hast du auch nur eine Freundin?"
Nein, natürlich nicht. Ich habe Freundinnen, mit denen ich schon im Kindergarten Buchstabensuppe gelöffelt hab‘. Schmähschwestern, mit denen ich ungestört infantil sein kann. Theatergeh-Freundinnen. Freundinnen, die sich mit einer Engelsgeduld mein von monopartnerschaftlicher Melancholie kontaminiertes Und-dann-hat-er-g’sagt-und-dann-hab-ich-g’sagt-Geschwafel stundenlang angehört haben. Und solche, bei denen ich drei Uhr nachts einziehen könnte, wenn ich Panikattacken oder einen Wasserrohrbruch habe. Am tollsten sind natürlich diejenigen, die von allem ein bisschen haben. Aber woran scheitert das Glück der Menschen gerne und ausführlich? Bingo! An zu hohen Erwartungen.
Pollys Muttertags-Special mit Maria Happel & Sigrid Hauser im Rabenhof, 11 Uhr.
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