Die Chaos-de-luxe-Kolumne: Erleuchtungsmomente durch "Schneckerl"

Schluss mit dem Schlagen von Geltungs-Purzelbäumen

Ich hatte kürzlich einen zenbuddhistischen Erleuchtungs-Moment, als ich berufsbedingt mit der Fussball-Legende Herbert P. durch die Innenstadt schlenderte. Ich habe selten einen Menschen in der westlichen Hemisphäre erlebt, der so im Einklang mit sich selbst stand und eine solche Zufriedenheit mit seinem Leben ausstrahlte. Ein Popstar des Stoizismus. Der braucht keine Mediations-App, keine Energie-Priesterin, kein traumatisierungslösendes Yoga oder keine esoterisch konnotierte Infrarot-Kabine, in der dir eine gefährlich sanfte Stimme Binsen wie "Du bist der Architekt deines Schicksals“ oder "Befrei dich von den Fesseln deiner Vergangenheit” zuraunt. Ich wünschte mir danach ein fettes Stück dieser Form von Gelassenheit. Vielleicht war seine Authentizität, das charmant raue Simmering  in Herzen und Idiom, das er nie verleugnet hatte, ein Teil dieses gelungenen Balanceakts, dachte ich mir, als ich in der U-Bahn meinen Voyeurismus-Drang nicht unter Kontrolle bringen konnte und durch Instagram scrollte.

Lauter Menschen, die Geltungs-Purzelbäume schlagen, mit Besessenheit den Eindruck eines Nonstop-Dolce-Vitas vermitteln wollen. Die Urlaubssaison ist besonders verführerisch, für solche "Eifersuchts-Postings”, wie das ein seine Peking Ente ablichtender Restaurantbesucher an meinem Nebentisch kürzlich nannte. Fazit der digitalen Promenade: ein Übermaß an Fake-Frohsinn-Postings, die unter der Mission stehen, dem Rest Menschheit ein inbrünstiges "Mein Leben ist soviel besser als deines” entgegen zu schleudern. 17 Filter inklusive, viele Frauen meines Alters scheinen sich verzweifelt an einem Gesicht fest zu halten wollen, das ohnehin schon längst nicht mehr existiert.  Vielleicht ist es so simpel wie ein Glückskeks-Spruch: Das permanente Hinterherhecheln einem Glück auf allen Linien, was ohnehin so anmaßend wie illusorisch ist, lässt einen ein Teflon für die Freuden der Zufriedenheit entwickeln. Namasterl!     

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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