Regelmäßige Rosenblätter-Bewerfung

Über die Kulturtechnik der Freundschaft

Wir whatsappen sich z’sam nächste Wochen, ok?“, bellte die Dame, als sie auf Presslufthammer-Niveau in einer voll gerammelten U-Bahn ihrer Perlenreihe an telefonischen Belanglosigkeiten („Na ja, da hamma sich Ripperln g’macht, ja waren guart, sehr guart sogar“) zu einem krönendem Abschluss brachte. Es ist  tatsächlich ein Paradoxon: Je inhaltsblanker Ansagen sind, desto lautstarker werden sie dann gerne in den Öffis kommuniziert. Die vage Andeutung von Kontaktaufnahme war gleichzeitig auch eine jener Floskeln, mit denen man seinem Gegenüber unter der Tünche der Höflichkeit signalisierte, dass ein Echtleben-Treffen im Orkus der eigenen Prioritätenliste dümpelt. Bloß nichts Konkretes. Die ideale Voraussetzung, um Freundschaften langsam austrocknen zu lassen.

Wurden Sie auch schon trocken gelegt? Es schmerzt ja dann doch fast ein bisschen wie ein Beziehungsaus. Besonders wenn langjährige Freundinnen plötzlich zu den klassischen We-People („Der Pepi und ich sind totale Morgenmenschen“) mutieren, ihr Leben nur mehr im Plural stattfindet und sie einen knallhart von der sozialen Landkarte streichen. Aber das Leben kann auch ganz anders, es hat Entschädigungen in der Jausenbox. Denn dann gibt es solche Freunde, die nahezu telepathisch spüren, wenn einem das Lächeln etwas schief sitzt, vielleicht sogar ein paar Trauerränder hat.

Die, die einem auch in solchen Zuständen im scharfen Kommandoton mitteilen, dass man umgehend bei Negronis in Pasta-Begleitung anzutreten hat und man die Widrigkeiten des Lebens bloß nicht persönlich nehmen soll, weil ja jetzt gerade Saturn im Quadrat steht oder die Venus im Koma dümpelt. Solche Freunde sollte man herzen, in regelmäßigen Abständen mit Rosenblättern bewerfen und sie zu konsequent analoger Tuchfühlung vergattern. Und ihnen nie den Satz zuwerfen: „Klingeln wir uns nächste Woche oder so durch.“ Denn wir wissen, was er tatsächlich bedeutet.

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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