Polly Adler: Im Würgegriff des Saturn

Das ist der Saturn, der lasst es jetzt bei vielen tuschen“, erklärte mir meine Freundin Z, Astrologin unserer Herzen, als ich ihr von meiner jüngsten Katastrophe berichtete. Ich hatte mir gerade die Augenringe beim Ampelstop weggeschminkt, dabei war ich sanft, aber doch in das Auto vor mir geschlittert. Den ohnehin schon drei Mal verschobenen Steuerberatungstermin konnte ich mir dann sowieso pinseln...

Ein Mann mit martialischer Frisur und mehr Tätowierungen als Haut sprang mit kleinen Schaumkronen auf der Oberlippe aus seinem Wagen und brüllte: „Oide, was geht mit dir? Führerschein in der Lotterie g’wonnen?“

Ich warf mich in den Staub und zog die Filetstücke meines Ausredenrepertoires. Irgendwas in der Art wie Katze im Koma, posttraumatische Stress-Problematik, Wespe im Ärmel, äußerst ungüngstige Planetenkonstellation über meinem Aszendenten.

Und, oh Wunder, letzteres schraubte seine Explosionshitze in der Sekunde hinunter. „Ma, Sie a? Bei mir rennt zur Zeit nix geschmeidig, was san Sie von Sternzeichen?“ – „Altersbedingt immer mehr Skorpion leider. Das ist der Aszendent. Eigentlich bin ich Fisch.“ – „Schwester, same here“, brüllte er jetzt ganz aufgeregt, „bei mir schlagt jetzt a immer mehr dera Assistent durch, dabei bin ich doch a Eckhaus jünger.“

Danke für die Info, Herzchen! Er meinte dann versöhnlich: „Wegen die zwa Kratzer braucht man sie jetzt echt net ins Hemd scheißen.“ Meine Freundin Z war überzeugt, dass dieser Zwischenfall ganz Saturn-typisch sei: „Der ist halt ein psychohygienischer Hammerplanet. Den hast jetzt bei dir drinnen, da wird alles sehr anstrengend, aber auch befreiend.“

Meiner fixen Überzeugung nach war ich schon die letzten sieben Jahre im Würgegriff dieses Putz-Planeten gezappelt, aber wer im Besitz eines IQ über der Raumtemperatur glaubt denn tatsächlich an diesen astrologischen Firlefanz? Unter uns: Ich, denn es hilft dabei, das Challenge-Programm des Lebens nicht allzu persönlich zu nehmen.