Das Red-Flag-Komitee

Wie man sich viele leere Kilometer auf dem Beziehungstacho erspart.

Red flag, red flag!“ kreischen die Girls in meinem Wohnzimmer. Der Fortpflanz ist auf Heimurlaub und es wird mit einem Freundinnen-Rudel darüber diskutiert, wann beim Beschnuppern eines Beziehungskandidaten rote Flaggen, also Warnsignale, angebracht sind. Üblicherweise werden Fahnen dieser Farbnuance an Stränden gehisst, wenn man unter gar keinen Umständen hinaus schwimmen soll. Schnöde Herabwürdigung von Servierpersonal bei einem ersten Dinnerdate, so sind sich alle einig, bekommen die rote Flagge mit der Unterzeile „Voll daneben“.

Nur Minderwertigkeitskomplexler hätten sowas nötig. Alarmbereitschaft dritten Grades, so die Truppe, wenn ein Typ zu Endlos-Monologen neige. Kennt man aus eigener Erfahrung: Menschen, die auf einen Textlawinen entladen, die sich durch Pointendürre und völliges Desinteresse für das Gegenüber charakterisieren. Solche Monologistas sind meist unrettbar versaute Egozentriker und obendrein so ermüdend wie ein langer Regentag. „Ex-Bashing“ wirft K jetzt ins Gefecht, die eine echte Tinderella ist und es mit ihren knapp 27 Jahren auf dem Datingportal zur Veteranin gebracht hat: „Typen, die mit diesem Immer-konnte-ich-es-ihr-nie-Recht-machen-Lamento ständig über ihre Verflossenen herziehen und sich als Beziehungsopfer stilisieren. Ich frage dann: ,Bist du in einem IS-Camp gefangen gehalten worden oder gab es andere triftige Gründe, warum du mit der überhaupt zusammen warst?’

Dann kriege ich meist diesen Warum-wühlst-du-in-meinen-Wunden-Blick, den Timothée Chalamet so gut drauf hat, allerdings schauen sie in der Regel nicht annähernd so aus.“ Ich sehe angesichts dieser Gruppendynamik meinen zukünftigen Omi-Status in weite Ferne driften, bin aber doch mit Stolz erfüllt, dass diese Girls sich mit dieser Haltung viele leere Kilometer auf dem Beziehungstacho ersparen werden. Zieht euch schon einmal sehr warm an, Jungs!
pollyadler.at
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Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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