Muttertag für alle

Warum man Menschen, die sich die Haxen ausreißen wollen, nicht daran hindern sollte – es sei denn, sie sind Mamas.

An meinem ersten Muttertag war ich schwanger – ich hatte gerade eine monatelange Übelkeit hinter und SEHR viele Hormone in mir. Frühmorgens weckte ich den Dottore Amore und fragte: „Was hast du für mich geplant?“ Er antwortete: „Hä? Du bist ja noch nicht einmal Mutter.“ 

Es gibt gewisse Fehler, die passieren einem Mann nur ein Mal im Leben. Im letzten Jahr bemühte er sich SEHR, diesen auszumerzen. Und heuer ist er sowieso im Ehefrau-maximal-glücklich-machen-Modus, denn wir haben nicht nur Bambino, wir erwarten Bambino 2. In solchen Situationen neigt mein Mann zur Übertreibung, und als ich auf der Suche nach einem Dokument auf seine To-do-Liste stieß, wollte ich schon sagen, Übernimm dich nicht, ausschlafen und Erdbeer-Tiramisu reichen!, aber dann entschied ich: Reisende soll man nicht aufhalten. Man kann eine Mama 2023 nicht hoch genug leben lassen. Mamas heutzutage sollen alles sein: Aufopfernd da für die Kinder und trotzdem Karriere machen, Haus top geputzt, aber aus feministischen Gründen bitte selbst Besen schwingen, allzeit begehrenswerte Milf, die sechs Monate nach einer Geburt aussieht wie zehn Jahre zuvor, politisch engagiert, kulturell gebildet, Stütze der Angehörigen, top Verhältnis mit den Schwiegers und ganz wichtig: Jede Mahlzeit des Kindes muss sie selbst kochen, Zahnarzttermine und Kindergeburtstagsgeschenke organisieren, wissen, welche Blusenfarbe in dieser Saison modern ist und sich auf keinen Fall darum kümmern, was andere sagen oder was man von ihr verlangt. Sondern selbstbewusst ihren 
Weg gehen. 

Der Anspruch an die moderne Mutter ist, die Quadratur des Kreises zu erfinden. Wenn sich also das Umfeld einer Mama die Haxen ausreißt, um einen Tag lang zu leisten, was Mütter jeden Tag leisten, dann ist das nicht nur ein schöner Muttertag. Sondern ein kleiner Schritt, aber in die richtige Richtung.

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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