Erlernte Duschgewohnheiten
Warum die einzige Prinzessin in der Räuberhöhle regelmäßig auf ein freies Badezimmer warten muss
In dieser Räuberhöhle, in der ich mit drei Männern lebe, bin ich zwar die einzige Prinzessin und doch bekomme ich die wenigste Zeit im Bad. Signorino Hund wäre wahrscheinlich bereit, auf seine gründlichen Duschen zu verzichten, aber da er nicht willens ist, vom Wälzen in Wildtierexkrementen abzusehen, steht das nicht zur Debatte. Wenn man bedenkt, dass Bambino bis vor gar nicht allzu langer Zeit noch Kaulquappe war, versteht man die kleinkindliche Leidenschaft für Vollbäder.
Aber wie lang mein Dottore Amore für eine Dusche braucht, erstaunt mich immer wieder. „Sag einmal, schäumst du jedes Härchen einzeln ein?“, fragte ich ihn neulich. Woraufhin er antwortete: „Wie gründlich wäscht du dich, dass du so schnell fertig bist?“ Als einziger ewiger Nahkontrolleur meiner Körperpflege musste er allerdings zugeben, dass es nichts zu beanstanden gab.
Unter dem Vorwand, das Badezimmerregal zu ordnen, beobachtete ich ihn beim Duschen: Kopfmassage, Einseifen, in ihm schienen philosophische Nachdenkprozesse vom Warmwasser in Gang gesetzt zu werden. Ich verstand: so also duschen Menschen, denen ihr Leben lang unendlich Warmwasser zur Verfügung stand.
Da mein Vater bereits Umweltschützer war, als Klimawandel ein Thema für Science-Fiction-Romane und Katastrophenfilme war, wurde das Wasser in meinem Elternhaus von einer Solaranlage erhitzt. Lange heiß duschen konnte ich meine gesamte Jugend hindurch nur an Sonnentagen. An trüben Tagen musste ich effizient sein, ehe das Warmwasser zur Neige ging. Oder durch Geschwindigkeit dem Erfrierungstod zuvorkommen, weil Bruder und Vater alles Warmwasser verpritschelt hatten.
Zumindest lernte ich dadurch früh, dass man als Prinzessin zwar hübsch sein darf – lebt man jedoch mit mehreren Männern unter einem Dach, muss man flink sein mit der Körperreinigung. Denn sie sind es nicht.
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