Fabelhafte Welt: Verschnaufen im Leo
Warum nicht nur vierbeinige Fellfreunde einen Sicherheitsort brauchen, an dem sie entspannen können
In der Hundeschule lernten wir, dass jeder Hund ein Leo braucht: Einen Sicherheitsort zum Verschnaufen, egal ob Box, Polster oder Hütte. Unzählige Male beobachtete ich, wie Wauwaus Gang leichter wurde, wenn er sein Platzerl ansteuerte. Wie er die Nase darin vergrub, ehe er sich mit einem leidenschaftlichen Erleichterungsseufzer niederließ, als wollte er sagen: Sodale, jetzt ist alles gut.
Irgendwann fiel mir auf, dass auch die meisten Menschen ein Leo haben. Freund S. bezeichnet ein Tankstellencafé als seine „Safezone“. Kein ästhetisch ansprechender Ort, aber betritt er es an aufreibenden Tagen, wird er schlagartig ruhig. Taucht Freundin T. in den von ihr geliebten Fitnesscenterpool, fällt alles von ihr ab, was sie vorher belastete. Die drei anderen Männchen, die nebst Hund mit mir unter einem Dach leben, scheinen ihr Leo immer dort zu haben, wo ich gerade bin. Sobald ich mich irgendwo hinsetze, will das Baby auf mich, das Kleinkind zu mir und der Gatte mit mir reden. Diese Liebe ist das schönste auf der Welt. Aber wenn ein Leos ein Ort ist, an dem man entspannen kann, dann ist mein Leo nie dort, wo das Leo meiner Männer ist.
Oft höre ich von jungen Müttern, sie fänden ihr Leo im Badezimmer. Aber dort halten sich meine Mitbewohner besonders gerne auf. Nein, für mich gibt es zuhause kein Leo, denn hier haust ja noch das andere Ding, das IMMER etwas von mir will: der Roman. Neulich ließ ich sie alle zurück, um Klumpert am Mistplatz zu entsorgen. Ich warf Strauchschnitt, Sperrmüll, Farbdosen, Plastik und weiteres in die riesigen Container. Das getrennte Entsorgen von Altlasten fühlte sich kathartisch an, entspannend, und ich dachte erst zufrieden, dann ertappt: Sodale, jetzt ist alles gut. Manche Menschen finden ihr Leo in den Bergen, andere in einem Massagesessel. Und wieder andere auf einem Westwiener Mistplatz.
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