Vea Kaisers Kolumne: Wenn gleich und ungleich sich verlieben
Über die Einsichten in Paarbeziehungen, die man im Kindermusikkurs gewinnen kann, während man am Boden sitzt.
Hätten der Dottore Amore und ich uns früher kennengelernt: Wir hätten uns bekriegt statt verliebt. Im Studium war ich interessiert an Feminismus, Revolution und der Verbesserung weltweiter Ungerechtigkeiten. Der Dottore fand ungerecht, dass in den Medizin-Vorlesungen nur die Frühaufsteher einen Sitzplatz bekamen.
Er lächelte sich also ein Dutzend Kommilitoninnen an, die ihm Plätze freihielten, und bedankte sich mit Kaffee und Rosen. Er liebte Großraumdiscos, zurückgegeltes Haar, Uffzn-Uffzn-Techno. Ich bevorzugte alternative Clubs, kluge Indie-Bands und fand Dreadlocks super.
Dass wir nicht einmal in der Kindheit etwas miteinander hätten anfangen können, merkte ich in der ersten Stunde des Kinder-Musikkurses. Mein Liebster war angewidert, seine Schuhe ausziehen zu müssen, und empfand es als Zumutung, auf dem Boden zu sitzen. "Ich bin auch als Kindergarten-Kind immer am Stuhl gesessen!", flüsterte er mir zu, die bis in die Volksschule am Boden lebte.
Als er seinen Namen klatschen musste, schwörte er, nie wieder mit zur Musikstunde zu gehen. Ich hingegen fand das Musizieren in der Gruppe wundervoll, doch schon nach der zweiten Stunde legte mir die Lehrerin nahe, einen anderen Kurs zu belegen. Meine Söhne erzeugten angeblich Bedingungen, die "für die anderen Teilnehmer nicht ideal" waren.
Ich muss zugeben: Ich verstehe sie. Dem Kleinen grauste vor dem Sitz-Polster, also wandelte er rastlos durch den Raum. Der Große versuchte, die Musiklehrerin zu überreden, gemeinsam das Paw-Patrol-Lied zu singen. Als sie nicht darauf einging, stimmte er es trotzdem an, woraufhin die anderen Kinder lauthals mitsangen.
Tja, das passiert, wenn sich Gegensätze fortpflanzen: sie verstärken einander. Und dann führt der eine die Revolution an, während der andere seinen Ekel am Hippietum offenlegt.
Aber mit sehr viel Liebe!
Weitere Infos: www.veakaiser.de
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