Fabelhafte Welt: Nein, du liebe Welt, nein
Über die reizvollen Verwendungsmöglichkeiten eines Wörtchens nach Art kleiner Kinder.
Wenn ich meinen Sohn etwas fragte, hieß es bis vor kurzem: „Aye!“. Dann entdeckte er das Wörtchen Nein. Zunächst war ich unendlich stolz. Der Erste, der Bambinos Nein nämlich zu hören bekam, war unser Hund. Mit treunassen Augen bettelte er den Einhalbjährigen um sein Kipferl an. Er sagte: Nein, Wauwau, nein.
Auch als er das neu erlernte Nein an seinen Vater adressierte, war ich entzückt. „Darf der Papi auch zu euch aufs Sofa?“ – „Nein, Papa, nein“.
Doch dann benannte er mich um. Ich bin nicht mehr Mama – ich heiße neuerdings Nein, Mama, nein. Scheinbar komme ich tagein tagaus auf blöde Ideen, denen man einen Riegel vorschieben muss. Ich möchte allein aufs Klo? Warum denn bitte? Ich plädiere für zeitige Bettzeiten? Was für ein Unsinn an endlich länger hellen Tagen. Kleidung? Wer braucht denn sowas? In der Straßenbahn sitzen bleiben, obwohl man lustig durcheinander geschleudert wird, wenn man aufsteht? Nur Spießer lassen sich so ein Vergnügen entgehen, also Nein, Mama, nein.
Meine allabendliche Müdigkeit war noch nie so ausgeprägt. Genau wie die Lust, es dem Kind nachzumachen. Stellen Sie sich vor, Sie werden von nervigen Bekannten zu einem erahnbar langweiligen Event gedrängt, und anstatt lange Ausredenkaskaden vorzubringen, sagen Sie einfach: Nein, Bekannte, nein! Wie viele Telefonate könnte man abkürzen, wie viele sinnlose Diskussionen im Keim ersticken, hätte man öfter den Mut zu einem klaren Nein, einfach, nein!
Neulich teilte mir das Finanzamt mit, dass wir heuer nicht auf Urlaub fahren werden. Nein, Finanzamt, nein!, wollte ich antworten. Und mich sicherheitshalber Nein-schreiend auf den Boden werfen, mit Füßen und Fäusten auf den Belag trommeln, bis irgendjemand sagt: „Ist ja schon gut, musst du eh nicht nachzahlen, da hast ein Eis.“ Ach, wieder klein sein, wäre
manchmal schon schön.
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