Warum Gartenarbeit glücklich macht

Über die wahren und die verborgenen Motive der freiwilligen Heckenstutzer und Strauchaußreißer.

Bei uns am Stadtrand spielen im Frühlingsgeräuschorchester nebst Vogelgezwitscher und Allergikergeniese noch zwei weitere Musikanten: Motorsägen und elektrische Heckenscheren. Abwechselnd sichtet man die Pritschenwagen ortsansässiger Gärtnereibetriebe vor den Nachbargrundstücken – nur vor unserem nicht. Ich weigere mich, Gartenarbeiten auszulagern. Was der Dottore Amore überhaupt nicht versteht.

„Geliebte Gattin, du musst in sechzehn Wochen deinen neuen Roman abgeben, wir haben ein kleines Kind, du schläfst kaum noch – warum willst du dir das antun?“ 
Seine Bereitschaft zur Bezahlung eines Gärtners resultiert ausnahmsweise nicht aus dem Wunsch, sich selbst vor dem Strauchschnitt zu drücken. Seit er Hand an unsere Eiben legte, die nun ausschauen wie die Opfer eines hinterhältigen Gewaltverbrechens, hat er Heckenscherenverbot. Wäre ich eine Rosen züchtende Gartenkolumnistin, würde ich jetzt behaupten: Gartenarbeit macht glücklich. Und einen kitschigen Satz schreiben wie: Sich im Frühling die Hände schmutzig zu machen, wintert die Seele aus. 

In Wahrheit ist es so: Herannahende Roman-Abgabetermine sind die schlimmste Zeit im Leben der Schriftstellerin. Was man jetzt nicht ändert, wird einen das Leben lang verfolgen. Mit diesem Druck muss man zurechtkommen. Und ist es nicht besser, man reagiert sich an einer auszureißenden Staude ab als am geliebten Ehemann? Rammt lieber den Spaten in die Erde als die Wortsalven in den Liebsten? Und malträtiert den Kirschlorbeer statt das Schatzilein?
Ich kann meinem Mann natürlich nicht gestehen, dass ich zu SEINEM Schutz darauf bestehe, die Hecken selbst zu stutzen. Welche Frau würde je zugeben, grundlos mit dem Herzbuben Streit anzufangen. Daher lautet die offizielle Erklärung: „Gartenarbeit macht glücklich! Und weißt eh, was für jeden Gatten gilt: happy wife, happy life!“
 

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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