Fabelhafte Welt: Erwachsen werden und Mammone bleiben

Was die Vorteile davon sind, die eigene Mama bei vielem um Erlaubnis bitten zu müssen, obwohl man selbst schon Mama ist.

Wann ist man erwachsen? 
Rechtlich gesehen mit achtzehn, aber in diesem Alter waren manche meiner Freunde bereits hartgesottene Senioren, weil ihnen das Leben so viele Schicksalsschläge präsentierte, dass sie schnell erwachsen werden mussten. Andere wiederum waren in bunten Blasen lebende Babys, die am elterlichen Rockzipfel hangen. 
 

Ich persönlich empfand mich als erwachsen, als ich eigenes Geld, eine eigene Wohnung, ein eigenes Auto hatte, zusammengefasst: in jeglicher Hinsicht unabhängig war von meinen Eltern. Diesen Zustand genoss ich vierzehn Jahre lang. Und dann kam Bambino. Nun entscheiden meine Mutter und ihr Pensionistinnenterminkalender, wann ich wem welches Interview geben, welche Sportkurse ich besuchen kann, welche Arzttermine wichtig sind und ob ich mal wieder zum Friseur gehen sollte. Am härtesten ist allerdings, dass ich meine Mama wieder um Erlaubnis bitten muss, wenn ich fortgehen will. Dann kommen Fragen, von denen ich gehofft hatte, sie nie wieder hören zu müssen: „Mit wem triffst du dich? Wo geht ihr hin?“ Und der Soundtrack meiner späten Pubertät: „Aber komm nicht zu spät nachhause. Du weißt eh, am nächsten Tag musst du früh aufstehen.“

Wer das natürlich ursuper findet, ist der Dottore Amore. Für Männer wie den meinigen, die so lange wie möglich in Hotel Mama wohnten, gibt es im Italienischen einen Begriff: Mammone. Wobei er meint, er sei nur ein halber Mammone, er sei immerhin schon im zarten Alter von 25 ausgezogen. „Du musst Bambino vorleben, dass es wichtig und richtig ist, mit Mitte 30 noch alles mit der eigenen Mama zu besprechen. Oder willst du, dass er in 16,5 Jahren die Koffer packt und Arrivederci sagt?“ Jössas, natürlich will ich das nicht, dachte ich und flüsterte meinem Söhnchen zu: „Werd ruhig erwachsen, aber bleib immer Mammone. Hat deinen Eltern auch nicht geschadet.“

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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