Fabelhafte Welt: Das Christkindl-Paradoxon
Welche Art Weihnachten zu genießen Freude darüber erzeugt, dass dieses Fest nur einmal jährlich stattfindet.
Als Kind rätselte ich viel, wie es das Christkind schafft, bei all meinen Freunden gleichzeitig zu sein. Als sich unter meinen Geschenken ein Globus fand und ich die Dimensionen der Fläche begriff, die das Christkind innert weniger Stunden bearbeiten muss, bekam ich Kopfschmerzen.
Erzählungen über Weihnachtsmann und Wichtel, die andernorts die Christkindagenden übernehmen, linderten diese nur minimal. Sie lösten nicht die Grundproblematik: Wie soll sich das alles ausgehen?
Als Kind ahnte ich noch nicht, dass mich diese Frage später einholen sollte. Denn nicht nur ich habe Familie, auch mein Dottore Amore. Seit wir zusammen feiern, stehen wir jeden Heiligen Abend vor dem Problem: Wie soll sich das alles ausgehen?
Eine Jause bei denen, Geschenke austauschen dort, Mittagessen mit anderen, Geschenke abliefern da, dazwischen lange Telefonate mit Süditalien, rechtzeitig zur Gans bei diesen, danach zum Weihnachtstrunk dorthin und am nächsten Morgen pünktlich um 11 Schnitzl bei jenen. Damit das Christkind seine Verpflichtungen schafft, braucht es: Organisation, eine gute Armbanduhr, einen großen Kofferraum, die Hilfe des Heiligen Geistes bei der Parkplatzsuche, eine starke Blase, einen Saumagen, und die Fähigkeit, die Zeit anzuhalten, um Weihnachten zu genießen, ehe es – zackbumm – schon wieder vorbei ist.
Heuer erlebt Bambino erstmals Weihnachten. Lange grübelten wir, wie wir ihm diese Rennerei ersparen können, ohne ihm Weihnachten mit Großfamilie vorzuenthalten. Wir beschlossen: Wir sind nicht das Christkind. Wir können nicht überall gleichzeitig sein. Aber jeden Tag woanders. Unser Weihnachten wird also bis in den Jänner dauern. Wir werden den Saumagen brauchen, aber wir werden Weihnachten genießen.
Nicht zuletzt, weil es so lange andauern wird, dass wir uns freuen werden, ein Jahr Pause bis zum nächsten zu haben.
[email protected]
Kommentare