Zuversicht in Zeiten wie diesen

Von verschiedenen Herangehensweisen an eine Schneeballschlacht und fairer wie unfairer Taktik

Da der Zustand der Welt nicht zum Feiern einlädt, verzichtete mein Dottore Amore auf eine opulente Vierzigerparty. Stattdessen luden wir die engsten Freunde nach Hause. Von Mittag bis Mitternacht saß man beieinander, draußen stob der erste Schnee in dicken Flocken vom Himmel, es war schön und gemütlich.

Nur die Neffen waren unruhig, sie drängten hinaus, wollten sich mit Vätern und Onkeln in einer Schneeballschlacht messen. Ich fand das verständlich: Für ihre Generation ist Schnee ein außergewöhnliches Ereignis. Leider teilten die Oldies die Begeisterung nicht. „Ich muss mir noch etwas Mut antrinken!“, „Ich komm raus, wenn ihr fünf andere Erwachsene gefunden habt.“ Die Buben geduldeten sich, aßen Torte, legten Schneeballvorräte an. Als es dunkel wurde und die Papas noch immer auf den Popschis saßen, wurde ich grantig: „Wer weiß, wie oft es hier noch genug Schnee geben wird für eine Schneeballschlacht mit euren Söhnen!“ Plötzlich spürten sie alle ihre Midlife-Wehwehchen: „Meine Schulter!“, „Mein Knie!“, „Meine Hämorrhoiden!“

Bei Einbruch der Dunkelheit begab ich mich also in den Werkzeugschuppen, wo die U11 ihr Hauptquartier eingerichtet hatte. „Eure Dads kommen nicht. Also müssen wir die Schneeballschlacht hineinbringen. Kennt Ihr Gnack-Eis?“ Ich erklärte Ihnen, wie wir in meiner Kindheit diejenigen bestraften, die sich drückten: „Man formt einen weichen Schneeball, schleicht sich von hinten an, und steckt ihn dann ins Schlafittchen!“
 Ich grinste, die Neffenbande sah mich entsetzt an. „Das ist ja urgemein“, sagte der eine. „Nein, so sind wir nicht“, der andere. „Wir wollen eine faire Schlacht, aber doch keinen kalten Hinterhalt.“
Ich war verdutzt. Dann freute ich mich. Vielleicht liefert die Weltlage nicht allzu viel Grund zur Hoffnung. Aber diese Leute von morgen, die vermögen einen schon zuversichtlich zu stimmen.

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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