Vea Kaiser

Vea Kaisers Kolumne: Nachtrag zum Valentinstag

Gedanken über wahre Liebe und warum diese nie makellos und perfekt ist, wie es die Romantikindustrie

Mein geliebter Dottore Amore ist ein fröhlicher, fescher Kerl und freigiebig in seiner Zuneigung. Damit, dass er nachtragend ist, habe ich mich genau so arrangiert wie mit seiner Liebe zu Haargel, mit dem er sich seine wunderschönen schwarzen Locken regelmäßig bis zur Unkenntlichkeit am Kopf festklatscht. Ich achte penibel darauf, dass er beides nicht an unsere Buben weitergibt, sondern predige von der Anmut des Vergebens und dass auch Haare ein Recht auf Freiheit haben. 

Nur eine Sache lässt mich verzweifeln: Der Vater meiner Kinder hört gern Italopop, Uffzn-Uffzn-Disco und schmalztriefende, italienische Schmonzetten. Wenn er Musik spielt, sehe ich haarige Männer in Speedo-Badehosen. Ich schmecke quietschblaues Schlumpf-Eis und Energy-Drinks der Sorte Aperol. Ich rieche den Lederimitat-Geruch schlecht gefälschter Lois-Wuitton-Taschen und solariumverbrannte Haut. In der Ferne blinken dann noch hämisch die Bauchnabelpiercings, während ich feststelle: Er mag das wirklich. 

Der Fairness halber sei erwähnt, dass er zur ruhigen Klassik, die ich morgens zum Wachwerden mag, Folgendes zu sagen hat: "Da wird man nicht munter, sondern depressiv!" Und die von mir verehrte, von zum Drama begabten Sängerinnen intonierte Indie-Musik klingt für ihn, "als ob sich eine Katze gegen das Verenden nach einem Verkehrsunfall wehrt". Ich werde ihn nicht ändern, er mich nicht. So versuchen wir nun umso energischer, den Kindern den eigenen Musikgeschmack weiterzugeben. Noch bevorzugen sie Lieder über Bagger und Tiere, aber der Kampf um ihre Seelen ist eröffnet. 

Während die Valentinstags-evozierten Vorstellungen der perfekten Liebe nachhallen, ein Hinweis aus der Praxis: Man kann für jemanden die echte große Liebe empfinden, obwohl man nicht alles an ihm liebt. Sogar, wenn dieser Mensch solch eine Ohrenschändung betreibt wie mein Mann. 

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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