Vea Kaisers Kolumne: Kinder betreuen andernorts
Über die vielfältigen Bedeutungen des Wortes Urlaub, und wie man sich ihn zunutze machen kann
Wir fahren weg – obwohl mein Roman noch nicht fertig ist. Mann, Hund und Söhne ließen mich nicht ausreichend in Ruhe, aber ich liebe sie zu sehr, um sie dafür zu strafen. Außerdem ist der Kindergarten geschlossen, meines Gatten Ordi auch und wenn ich die Reise absage, um am Schreibtisch zu bleiben, bringt das den Roman nicht vorwärts: Spätestens ab 10 Uhr würden sie an die Tür meines Kellerstübchens hämmern, gegen die Oberlichte treten oder sich solange bekriegen, fernsehen und Schokolade futtern, bis ich sie aus der Verwahrlosung rette.
Sie kommen ohne mich zurecht – aber sie geben mir gerne die Gelegenheit, ihre glorreiche Heldin zu sein. Und ihr Packesel, dachte ich beim Einräumen der Koffer, während die Mannen die Couch bewachten. Zumindest konnte ich so das Manuskript mitschmuggeln. Urlaub ist Familienzeit mit striktem Arbeitsverbot. Aber seit den ersten Scheidungen im Freundeskreis weiß ich: Es gibt Männer, die schaffen es sogar im Urlaub, ihre Frau zu betrügen. Heimlich schreiben, sollte also machbar sein.
Urlaub ist ohnehin nicht das richtige Wort dafür, mit zwei Unter-Dreijährigen ans Meer zu fahren. Ausschlafen, am Strand dösen, Kulturprogramm, gepflegtes Abendessen – all das spielt’s mit unseren Duracell-Haserln eh nicht. Was wir machen, ist Kinderbetreuung andernorts, mit erhöhtem Gefahrenpotential (Wasser), aber erhöhter Aufmerksamkeit aufgrund des Fehlens von Ablenkungen (Geschirrspüler).
Vielleicht sollte ich mir das zunutze machen! Ich werde die Kinder herumflitzen lassen, bis ihnen mein Mann hinterherhechtet. Wenn sie dann alle abends umfallen, kann ich mit einem Achterl in der Hand und Blick in ein Pinienwäldchen an meinem Roman arbeiten. Urlaub ist, was man aus ihm macht. Warum also nicht: Schreiben andernorts, während die Liebsten büseln. Immerhin geht’s ja zuhause kaum, wenn sie wach sind.
Weitere Infos: www.veakaiser.de
Über Vea Kaiser
Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.
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