Vea Kaisers Kolumne: Besser Siebzig als Hundert

Die Feiertage sind fast vorbei. Sind Sie müde? Brauchen Sie Urlaub vom Urlaub? Erholung von der besinnlichen Zeit? Einen Wichtel, der den Dreck weg macht, den jener Wichtel hinterließ, der im Dezember eingezogen ist? 

Also ich bin bestens ausgeruht. Denn bei uns ist kein Wichtel eingezogen, dessen Schandtaten ich mir täglich überlegen und nachts umsetzen musste, damit die Familie morgens etwas zum Schmunzeln hat.

Es gab im Supermarkt gekaufte Adventkalender und am Heiligen Abend eine vorbestellte kalte Platte. Wir haben zwischen den Jahren keine Ausflüge gemacht, waren auch nicht auf überfüllten Skipisten, sondern haben mit den Kindern gespielt, ehe wir sie bei meinen Eltern parkten, weil man als Paar auch mal Paar sein muss.

Es war herrlich. Ich habe heuer nämlich etwas ausprobiert, das die britische Journalistin Deborah Joseph propagiert: Sie nennt es die 70 %-Methode.

Statt selbst Brot zu backen und Marmelade einzukochen, um den Kindern das perfekte Frühstück vor einem lückenlos durchgeplanten Tag zu servieren, an dem man Arbeit, Sport, Beziehung, Weiterbildung, Familienzeit und Selfcare unter einen Hut bringt – mit anderen Worten in jedem Bereich des Lebens 100 Prozent gibt – sollte man sich erlauben, nur 70 Prozent zu geben. 

Man muss nicht überall und immer das Beste leisten, sich zerreißen, um Superwoman oder Powerman zu sein. Es reicht, wenn man das Leben mit unernster Ernsthaftigkeit nimmt und überwiegend mit 70 Prozent zufrieden ist. Weil man dadurch nämlich Reserven anlegt für die Momente, in denen angebracht ist, 100 Prozent zu geben. 

Also, wenn Sie sich an Ihre Jahresvorsätze wagen, dann tun Sie sich einen Gefallen: Überlegen Sie, ob es nicht reicht, 70 Prozent davon zu erreichen. Denn wer weiß, was das Jahr noch an freudigen Überraschungen bereithält, für die man 100 Prozent braucht. Ich wünsche Ihnen jedenfalls sehr viele von diesen.