Vea Kaisers Kolumne: In guten wie in schlechten Zeiten
Warum laute schrille Indoor-Spielplätzen geeignet sind, an wichtige Grundsätze für das Leben als Paar zu erinnern
In wahrscheinlich jeder Beziehung gibt es diese Tage, wo sich schon vor dem Mittagessen so viel Ärger angestaut hat, dass man temporär nicht in der Lage ist, dem anderen Gutes zu wollen. Und dann rollt der Schneeball der Missstimmung talwärts, wird zur Lawine und reißt beide mit.
So passierte es dem Dottore Amore und mir neulich in einem Einkaufszentrum.
Wir waren mit Bambini und Neffen unterwegs, den ganzen Tag schon grantig aufeinander, sodass keiner das den anderen und sich selbst schützende "Nein" sprach, als die Kinder einen Indoor-Spielplatz aufsuchen wollten. Ungrantig verbindet uns eine tiefe Abneigung gegenüber Indoor-Spielplätzen. Sie sind laut, grell und die Luft ist eingedickt von einer Mischung aus Schweiß, Plastik und Kinderadrenalin. Diese Orte sind nicht gemacht für empfindsame Seelen wie uns, aber wahrscheinlich wollte mich der Dottore genau so leiden sehen wie ich ihn.
Er jagte einem Kind nach, ich dem anderen und jeder erlebte die persönliche Hölle: Er musste in Socken eine Toilette aufsuchen, die schon den ganzen Tag über von jungen Buben benutzt worden war, die das mit der Treffsicherheit erst lernen werden. Ich wiederum unserem sehr flinken Kleinkind hinterherrennen, während links und rechts meiner Ohren Bälle, Spielsachen, Bausteine und sonstige Wurfgeschosse durch die Luft segelten und über mir Kinder in einem Klettergerüst herumbaumelten – ich bin ein Büchermensch, mit solch multidimensionaler Reizüberflutung kann ich nicht umgehen.
Die Kinder waren schlussendlich so überdreht, dass sie an jenem Abend erst vier Stunden später denn üblich einschliefen. "Das ist also gemeint mit: In guten wie in schlechten Zeiten", sagte ich zu meinem Mann. Er nickte und formulierte einen hervorragenden Neujahrsvorsatz: "Lass uns bitte in Zukunft probieren, die schlechten nicht selbst zu verschulden."
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