Fabelhafte Welt: Und ewig diskutiert der Bub
Was man an launigen Grillsonntagen über die Evolution und das Erwachsenwerden lernen kann.
Seit ich denken kann, diskutieren die Buben rund um mich darüber, ob X oder Y besser sei. Am Spielplatz stritten sie, ob Schaukeln oder Rutschen lustiger sei. Ob Dinosaurier oder Außerirdische cooler sind. Snowboarden oder Skifahren. BMW oder Mercedes. Frankreich oder England. Griechenland oder Italien. Studentenheim oder WG. Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi. Fitnessstudio oder Eigenkörpergewichtstraining. Fondssparen oder Aktien.
Und als ich dachte, jetzt sind die Buben alt genug, um zu wissen, dass auf dieser großen weiten Welt das eine das andere nicht ausschließen muss, sondern es völlig okay ist, wenn der Alex den Cristiano toll findet und der Richard den Lionel und der Johannes beide für überbezahlte Steuersünder hält – da wurden die Buben zu Vorstadtmännern und kauften sich Griller.
In den letzten Sommertagen beobachtete ich sie gründlich: Bei Zusammenkünften versammeln sie sich rund um den Grillplatz, an den Füßen schicke weiße Turnschuhe, denen sich mein Hund wegen Verschmutzungsgefahr nicht nähern darf. Die modische Sonnenbrille steckt im gegelten Haar (bzw. was davon noch übrig ist), den alkoholfreien, kalorienreduzierten Radler in der Hand, leidenschaftlich und völlig ahnungslos darüber fachsimpelnd, ob mit Kohle oder Gas zu grillen besser sei.
Und mir dämmerte: Das sind also die Erben der verdreckten, verschwitzten Mammutjäger, welche sich in der Vorzeit auf übermächtige Säugetiere stürzten und das Feuer zähmten, um den Stamm vor dem Hunger zu bewahren. Und heute diskutieren ihre Nachfahren im weit offenen Sonntagshemd, ob Gas oder Kohle für krossere bzw. saftigere Ergebnisse sorgt.
Mir zeigten diese Grillnachmittage etwas über Evolution und Erwachsenwerden: Vieles mag sich geändert haben auf dem Weg vom Jäger zum Vorstadtkerl, aber manches bleibt in der Entwicklung vom Bub zum Mann auch gleich.
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