Der natürliche Lauf der Welt
Welche Schlüsse man aus Illustrierten am Küchentisch und Vormittagsturnen ziehen kann, wenn man jemanden necken will
Als ich neulich meine Eltern besuchte, um ihre Lieblingssender auf das neue Digitalradio zu programmieren, entdeckte ich auf dem Küchentisch eine Illustrierte. Zeitungen, von deren Titelblättern die Mitglieder diverser europäischer Adelshäuser grinsen, überschrieben mit dramatischen Schlagzeilen, hatte ich bisher nur im Haushalt meiner Erzeuger gesehen, wenn ein Großelternteil im Krankenhaus lag und um eine Lieferung Lesematerial bat.
„Stellst mir noch ein paar Sachen auf willhaben, bitte?“, fragte meine Mama, die indessen meinen im Kinderwagen schlafenden Sohn hutschte. Sie trug Sportkleidung, weil sie mit jenem Philipp Morgensport getrieben hatte, der auf ORF 2 zur besten Pensionisten-Fernsehzeit Turnübungen vorzeigt. Ich begann zu lachen. „Jetzt bist eine richtig großmütterliche Großmutter, aber lustig“, sagte ich neckisch. Mürrisch entgegnete sie,
dass jener Illustrierten nunmal das beste Fernsehprogramm beiliege, das Internet immer komplizierter würde und der Philipp sehr sympathisch sei. „Alle turnen mit dem Philipp!“, sagte sie. „Ich kenn niemanden, der mit dem Philipp turnt.“– „Doch, die Sylvia, die Herta, die Wilma.“ – „Du meinst, die anderen Großmütter.“
Sie sah mich sauer an, also verkniff ich mir weitere Sticheleien und widmete mich ihrem Handy, um Speicherplatz zu schaffen für die Fotos der Verkaufsgegenstände. Nach dem Mittagessen tippte ich die Inserate, sie spielte mit meinem Sohn. Allerdings kam ich nicht so recht voran, denn ich musste ständig aufspringen und den beiden hinterherrennen: „Haube aufsetzen!“, „Da ist ein frisches Trensbatterl“, „Für ein Eis ist es zu kalt!“. Und meine ewige Litanei runterbetend: „Bitte gib ihm nicht so viel Zucker. Er freut sich auch über Obst.“
Meine Mama lachte. „Jetzt bist eine richtig mütterliche Mutter, aber fad“, sagte sie neckisch, und auch ein bissi stolz.
Kommentare