Fabelhafte Welt: Feiertägliche Wesensfragen
Warum mitdenkende Kinder ein Segen sind, solange sie nicht über Feiertage nachdenken
Als Kind zerbrach ich mir den Kopf über das Wesen des Christkinderls: Mädchen oder Bub? Mensch, Engel oder Jesusbaby? Fragen, die sich die Kinder von heute oft nicht stellen: Sie wachsen in einer toleranteren Welt heran, in der es Raum für diverse Identitäten gibt. Da ist eine nicht-binäre Gestalt wie das Christkind kein Problem. Der Osterhase allerdings schon.
Wir haben ein Buch über Familien, in dem anhand von Tieren gezeigt wird, dass nicht jedes Lebewesen eine Mama und einen Papa hat, denen es ähnelt. Das Kalb lebt im Matriarchat fernab vom Stier. Der Nachwuchs des Schmetterlings ist die Raupe und schaut ganz anders aus. Kücken entschlüpfen Eiern, Kängurus tragen die Jungen im Beutel und kranke Hamsterbabys werden von der Mutter gefressen. Letzteres habe ich meinem Sohn zwar noch vorenthalten, aber als wir neulich Ostern vorbesprachen, merkte er kritisch an, dass es nicht in Ordnung ist, dass Meister Lampe Eier versteckt. „Das sind nicht seine Kinder, sondern die vom Huhn!“ Ich bekam Panik, dass mein Sohn den Osterhasen für einen Kinderverzahrer hält.
Also nahm ich davon Abstand, ihm das Osterei als Symbol für junges neues Leben zu deuten und reduzierte es auf seine Funktion als Delikatesse. „Schokolade oder hart gekocht, die werden dir schmecken, wenn du sie findest!“„Aber man darf nicht mit Essen spielen!“ Ha! Bei jedem zweiten Mahl tut er so, als wäre ihm die Bedeutung dieses Satzes unverständlich. Und nun, wenn es um die Ostereiersuche geht, zitiert er mich. Wortreich versuchte ich eine für Dreijährige funktionierende Erklärung zu finden, die den Osterhasen nicht als lebensmittelverschwenderischen Kinderverzahrer darstellt und dachte: Wie toll, dass heutige Kinder so wiff sind. Wenn sie allerdings nur zu den Feiertagen alles unhinterfragt glauben würden, wär’ es auch ok. Frohe Ostern!
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