Fabelhafte Welt: Der Zauber eines frischen Lebens

Neulich, an einem sehr heißen und sehr hellen Juli-Morgen, erblickte mein zweiter Sohn das Licht der Welt – sprichwörtlich gemeint. Soweit wir das mitbekamen, öffnete er erst an seinem fünften oder sechsten Lebenstag die Augen. Sein großer Bruder hatte das anders gehandhabt: Der kam auf die Welt, schrie kräftig und schaute mich neugierig aus großen dunklen Kulleraugen an: Aha, du bist also meine Mama. Unseren zweiten beeindruckte dieses Geboren-Werden überhaupt nicht. Er musste vielmehr zum Atmen motiviert werden, was dem Dottore Amore und mir den Schock unserer Leben einjagte. Sobald das medizinische Personal Entwarnung gab, büselte er zufrieden ein. Weder die ersten Mahlzeiten noch die Windelwechsel waren ihm ein Blinzeln wert. Als er uns endlich ansah, irritiert davon, dass wir uns erlaubten, seine Ruhe durch ein Bad zu stören, kam die nächste Überraschung. Blitzblaue Augen, passend zum überraschend goldenen Haarschopf.

Daran, dass er unserer ist, besteht kein Zweifel – aber wie genau wir beiden schwarzhaarigen Wuschelköpfe ein hellblondes Kind gemacht haben, erstaunt die zur Neugeborenen-Huldigung anreisenden Besucher allesamt sehr. Entweder sagen Gene aus der Urgroßelterngeneration Hallo oder er dunkelt noch nach, wobei ich wahrscheinlich für einen Großteil aller Eltern spreche, wenn ich sage: Hauptsache gesund, Hauptsache glücklich. Glücklich sind seine Eltern in jedem Fall, glücklich und überwältigt von der Selbstverständlichkeit, mit der dieses Kind seinen Platz im Leben eingenommen hat. So, als wäre er schon immer dagewesen, und doch bereit, uns die Welt neu zu erklären. Denn mit jedem frischen Menschen wird sie eine andere, und das ist das größte Geschenk, das diese kleinen Leute uns machen: dass durch sie alles anders wird und ein wenig magischer, weil jedem Anfang ein Zauber innenwohnt.