Glücks-Sodbrennen
Warum einen Instagram zum Vollversager stempelt
Gibt es eine Pille gegen Glücks-Sodbrennen? Davon hatte ich in der letzten Woche satt. Wenn ich krank bin, verfalle ich so einem Entertainment-Nihilismus und verblöde auf Instagram-Promenaden. Immer wieder sehe ich die gleichen militant aufgeräumten Wohnungen, die entweder so eine Westwing-Antiseptik ausstrahlen oder alle wie aus Berlin-Mitte gepurzelt wirken – Skandimöbel aus den 1960ern, jede Menge Zimmerpflanzen, ein Flokati in unentschlossenem Weiß, ein Paul-Klee-Druck.
In diesen Bleiben tummeln sich dann so sonnengebräunte Pärchen, die schon den Eindruck erwecken, dass sie morgens eng umschlungen die Toilette besuchen und sich danach die Smoothies in zärtlichen Fontänen in den Rachen sprudeln, ehe sie das Personal in ihren Fairtrade-Produktionsstätten für apulische Keramik und nachhaltig gefertigte Hoodies aus Portugal hochscheuchen. Die haben auch immer dieses milde Lächeln in ihre ausgeleuchteten Gesichter gemalt. Alles makelfrei, nicht einmal eine kleine Kichererbsen-Allergie weit und breit. #loveofmylife. Als durchschnittliches Menschenkind, das eine harte Beziehungsrallye absolviert hatte, bekommt man angesichts dieser Idylle-Attacken den völligen Versager-Komplex. In meinen Beziehungen ging es nach den Phasen der Schockverliebtheit oft mit fliegenden Schößen in die Realität: Das, was man anfangs als so erfrischend schüchtern gefunden hatte, entpuppte sich schon bald als echte Kommunikationsstörung; eine charmante Oblomow-Attitüde des Mannes war nichts anderes als parasitäre Faulheit.
Aber diese jeweils circa acht Monate währende Glückshysterie war auch diese ernüchternden Erkenntnisse wert. Alle Beziehungs-Spezialisten, mit denen ich in den letzten 20 Jahren Interviews zum Thema geführt habe, zogen dieselbe Bilanz: Die Menschen zerschellen an ihren eigenen so hoch geschraubten Erwartungen. Aber wenn man es billiger gibt, kommt einem das meist auch teuer zu stehen. G’hupft wie g’hatscht deppert, sagt man bei uns in Wien.
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