Polly Adler: „Würde ein Teller warme Suppe helfen?”
Wenn's um die "Gefahrenzone digitale Bassena" geht, hält Polly sich an einen Satz des buddhistischen Philosophen Harald Schmidt.
"Way too much information“ ist ein kaum treffsicher zu übersetzendes Idiom, das einem bei Promenaden durch die sozialen Medien einfällt. Tatsächlich muss ich immer wieder an Harald Schmidt denken, der angesichts der Empörungs-Tiraden, zu denen Menschen sich neuerdings an der digitalen Bassena wegen jedes „Lercherlschases“ bemüßigt fühlen, folgenden Trost im Repertoire hat: „Man möchte ihnen am liebsten auf die Schulter klopfen und die Frage stellen ,Würde dir jetzt ein Teller warmer Suppe helfen?’“
Aber ein Satz von solch buddhistischer Eleganz würde die haltlos Aufgeregten wahrscheinlich erst recht in Rage katapultieren.
Neben den Schaum-vor-dem-Mund-Typen gibt es eine weitere überhand nehmende Fraktion: die Hobby-Exhibitionist:innen. Da werden Befindlichkeitsprotokolle verlautbart, die man früher bestenfalls seinem Psychotherapeuten in abgedunkelten Räumen flüstern wollte.
Und es beschleicht einen angesichts der auf dem digitalen Wühltisch zur freien Entnahme deponierten Intimitäten die Mitgefühlsfrage: „Hey, ihr Lieben, seid ihr sozial so unterzuckert, dass ihr keine Freunde habt, mit denen ihr eure Zustands-Achterbahnen bemurmeln könnt?“
Die dritte Typen-Gruppe notorischer Poster sind die „Hey, mein Leben ist soviel geiler als deines“-Menschen, die Jetlag-Society, die sich bemüßigt fühlt, die Weltöffentlichkeit im Minutentakt über ihre superposhen Metropolen-Besuche, ihre 3.000-Euro-Klamotten und Zweit- und Dritthäuser im Warmen zu halten.
Wahrscheinlich sind wir allesamt überfordert mit der Droge Internet. Also besser einmal einen Teller warme Suppe im Kreis von Gleichgesinnten schlürfen, als seine Zeit mit dem Betrachten von lustigen Babys, Möpsen in exzentrischen Outfits oder dem Ruhm-Bournout von Harry und Meghan in ein schwarzes Loch zu werfen. Das echte Leben kann nämlich was. Wir haben es nur ein bisschen vergessen.
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