Transgenerationaler Sensibilisierungs-Gap

Mein Kind und mich trennt die gemeinsame Sprache

Du hast solche Terf-Vibes, Mutter!“, brüllte mich das Kind an. Wenn Sie wie ich zunehmend Untertitel in der Kommunikation mit Ihren Lebensinhalten brauchen: Terf ist die Abkürzung für „Transsexual excluding radical feminist“. Alles, was man zart angemerkt hatte, war das harmlose Zitat von Harald Schmidt: „Man hat ja den Eindruck, dass die ganze Welt neuerdings nur mehr aus Transsexuellen besteht!“ Ich versuchte dem Kind zu erklären, dass ich bereits vor 30 Jahren unterstützende Geschichten über Menschen geschrieben hatte, die um eine Geschlechtsumwandlung gekämpft und zu diesem Zweck einen Club gegründet hatten. Lange nach der Story waren „they“ (Ich lerne, Fortpflanz!) noch mehrmals in meinem Wohnzimmer gesessen und wir hatten bei Guglhupf und Kaffee die besten Epilierungsmethoden bemurmelt. Man kann mir also wirklich nicht gesellschaftspolitische Engstirnigkeit vorwerfen.

Doch, meinte das Kind, kann man. Nicht nur, dass ich selbstherrlicher Boomer (also Repräsentant der Babyboomer-Generation) durch mein egozentrisches Verhalten den Planetenmord zu verantworten habe, ich würde einfach die Zeichen der Zeit generell nicht schnallen. Es war schon die zweite Woche, in der sie aus Berlin wegen einer OP auf Heimurlaub war. Und mir dadurch die Erkenntnis bescherte, dass die Gemütlichkeit eines „full nest“ auch eine romantische Vorstellung ist, die durch einen Reality-Check oft leichte Laufmaschen bekommt. Wenn wir in angestrengter Eintracht uns die ZiB ansehen, merke ich zum Beispiel an, dass die Moderatorin heute ein wirklich cooles Oberteil angeworfen hat. Worauf das Kind zetert: „Das ist so sexistisch, Mutter! Du reduzierst diese Frau nur auf ihr Äußeres. Sag doch etwas über ihre Intelligenz oder Kompetenz!“ Wenn das so weiter geht, Leute, brauche ich bald Urlaub von ihrem Heimurlaub, ich IWSB („ignorant white supremacy bitch“).

„Mamacholie“: Muttertagsspecials in Melk (7. 5.) und 8.5. im Wiener Rabenhof.
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Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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