Wer abnehmen will, sollte abends nicht mehr spät essen

Spätes Essen erhöht den Hunger, verringert den Kalorienverbrauch und verändert das Fettgewebe. Das erhöht das Risiko für Übergewicht und Adipositas.

Berufstätige kennen die Situation: Frühmorgens schnell aus dem Haus, untertags ein Happen zwischendurch.  Am Abend wird dafür so richtig aufgetischt. Welche Auswirkungen das späte Schlemmen auf den Körper hat, wird in der Forschung seit Jahren diskutiert. Eine Studie von Forschenden des US-amerikanischen Brigham and Women’s Hospital zeigt nun, wie wichtig das richtige Timing wirklich ist.

"In dieser Studie fragten wir, ob die Zeit, zu der wir essen, eine Rolle spielt, wenn alles andere gleich bleibt“, erzählt Co-Autorin Nina Vujović. Ihr Ergebnis: Späteres Essen macht einen signifikanten Unterschied für das Hungergefühl, die Art und Weise, wie der Körper nach dem Essen Kalorien verbrennt und  Fett speichert.

Sättigungsgefühl

Das Team untersuchte dafür 16 Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) im Bereich des Übergewichts oder der Fettleibigkeit. Jeder Teilnehmende durchlief zwei Phasen: Eine mit frühen, die andere mit um vier Stunden späteren Mahlzeiten. In Beiden wurde jeweils genau dasselbe gegessen. Die Kalorienzufuhr, körperliche Aktivität sowie Schlaf- und Wachzeiten waren genau festgelegt. Die Teilnehmenden dokumentierten regelmäßig ihren Hunger und Appetit. Über den Tag verteilt wurden außerdem Körpertemperatur und Energieverbrauch gemessen sowie Blutproben und Fettgewebe entnommen.

Gesund essen

Die richtigen Lebensmittel
Komplexe Kohlenhydrate wie  Vollkornprodukte, Naturreis oder Quinoa empfiehlt die Ernährungsberaterin Ursula Vybiral für tagsüber. Eiweißreiche Mahlzeiten sind abends den Kohlenhydraten vorzuziehen: Etwa Geflügel, Fisch, Milchprodukte oder Tofu. Aber auch Hülsenfrüchte wie Linsen und jedes Gemüse  

Intervallfasten
Das Abendessen ab und an ausfallen zu lassen, ist gut für den Körper, ist sie überzeugt. Jeden Tag sei der Verzicht nicht notwendig. Jedoch: "Einmal in der Woche tut uns das wahnsinnig gut – unserer Gesundheit und der Waage auch“     

So zeigte sich, dass späteres Essen tiefgreifende Auswirkungen auf den Hunger und die appetitregulierenden Hormone Leptin und Ghrelin hat, die das Verlangen zu essen beeinflussen. Insbesondere der Spiegel des Hormons Leptin, das Sättigung signalisiert, war beim späten Essen über den ganzen Tag hinweg niedriger als beim frühen Essen. Wenn die Teilnehmer später speisten, verbrannten sie außerdem weniger Kalorien und wiesen eine Genexpression im Fettgewebe auf, die auf eine erhöhte Adipogenese und eine verringerte Lipolyse hindeutet, was das Fettwachstum fördert.

Kohlenhydrate

Die Studie bestätigt, was Experimente mit Mäusen in der Vergangenheit bereits nahegelegt hatten. Auch die Nager wurden in frühere und spätere Esser geteilt – mit dem Ergebnis, dass die Mäuse, die in der Nacht aßen, deutlich häufiger übergewichtig waren.

"Wann wir essen, beeinflusst, ob Energie verbraucht oder in Fettgewebe gespeichert wird“, ist  die Ernährungsberaterin Ursula Vybiral überzeugt. "Selbst wenn ich bis Mitternacht wach bin, ist nicht egal, wann ich zu Abend esse. Nachts ist der Stoffwechsel nicht auf Energieverbrauch ausgelegt.“ 
Kalorien würden etwa um 22 Uhr viel langsamer verbraucht als um 18 Uhr. "Wenn man dann noch Kohlenhydrate zu sich nimmt – z.B. Kartoffeln oder Nudeln –, ist das der Grund, warum die meisten Menschen zunehmen.“       

Ursula Vybiral ist Ernährungsberaterin und Abnehmcoach   

©Tanja Hofer

Vollkornbrot etwa, erklärt Vybiral, sei prinzipiell gesund. Dennoch sollte man dieses Kohlenhydrat nicht unbedingt zum Abendessen und schon gar nicht spät  nachts essen. Dazu kommt: "Wenn wir erst am Abend richtig mit dem Essen beginnen, brauchen wir mehr, um satt zu werden.“ Schuld daran ist nicht nur ein verringertes Leptin-Level, sondern auch ein instabiler Blutzuckerspiegel. 

Wer nun das Bedürfnis verspürt, den persönlichen Speiseplan zu überdenken: Der beste Moment für das Abendessen ist laut der Expertin zwischen 18 und 19 Uhr. Vybiral selbst, erklärt sie, esse übrigens alles. "Nur eben nicht alles zu jeder Zeit.“  

Elisabeth Kröpfl

Über Elisabeth Kröpfl

Seit Dezember 2021 beim KURIER. Zuerst im Ressort Lebensart, jetzt am Newsdesk. Spanisch- und Englischstudium in Graz, danach Journalismus-Master an der FHWien.

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