Verrückt nach Schnee: Außergewöhnliche Sportarten für den Winter

Snowboarden ohne Bindung? Ja, das geht – und sorgt für Wellenreiter-Feeling im Tiefschnee. Aber auch andere Wintersportarten klingen ziemlich verrückt – ob man sich dabei von Pferden durch den Schnee ziehen lässt oder darin einem kleinen Ball nachjagt.

Zurück zum Ursprung. Unter diesem Motto haben zwei Zillertaler eine Revolution mitgestaltet und sind in Österreich zu Pionieren geworden. Snowboarden, mit zwei Füßen auf einem Brett die Piste runterjagen, das war zwar schön und gut. Aber es sollte sich wieder so wie früher anfühlen. Wilder. Freier. 

"Wir wollten ein Feeling, das uns im Tiefschnee das Gefühl vom Wellenreiten gibt“, erzählt Wolfgang Nyvelt. Mit seinem Geschäftspartner Stefan Gruber baut er in Mayrhofen Snowboards ohne Bindung. Das klingt absurd. Macht aber Sinn. Powder Surfen ohne allem ist eine Rückkehr zu den Wurzeln des Sports. Und der war eben stark vom Surfen inspiriert. Und am Meer gleitet man ja bekanntlich auch ohne festen Halt an den Füßen über die Wellen.

Mit ihrem Label Äsmo haben Nyvelt und Gruber den Nerv der Zeit getroffen. Immer mehr Sportler gönnen sich die Lust an der puristischsten Art, im Tiefschnee zu boarden. Und sind begeistert.  Nur mit der Kraft des Gleichgewichts, gelenkt mit den Füßen, gleiten die Könner dahin. Ein Kick, der süchtig macht. Doch wie hält man sich überhaupt ohne Schlaufen oder Bindung auf dem Snowboard von Äsmo? 

Ein Pad, also eine Unterlage aus speziell gefertigtem EVA-Schaumstoff, sorgt für den nötigen Grip, also jene Griffigkeit, die für die Bodenhaftung verantwortlich ist und dafür sorgt, dass man nicht wegrutscht. "Man kann auf diese Art sogar mit Sportschuhen am Brett stehen“, weiß Nyvelt. 

Völlig losgelöst: Wolfgang Nyvelt baut Snowboards ohne Bindung – und boardet virtuos darauf. "Das geht sogar mit Sportschuhen“, so der Zillertaler Profi

©monepic, monepic

Dazu kommt, was die Zillertaler Boards so einzigartig macht: Die etwas breiter als handelsüblich gestalteten Bretter in speziellen Shapes und hydrodynamischen Designs sind an der Unterfläche mit Channels versehen. Diese Kanäle lassen besser aufkanten, optimieren kleine Schwünge – und maximieren den Spaß im Tiefschnee. Nyvelt und Gruber ließen sich dafür von den Snowboard-Erfindern Jack Burton und Tom Sims inspirieren. Und landeten so einen Erfolg Made in Austria: Ihre Bretter, die die Welt bedeuten, verkaufen sie in genau jene. Von Kanada über die USA bis Japan trudeln die Bestellungen ein.  Zillertal international.  

Für Rasanz und Action ist aber auch bei anderen Sportarten gesorgt. Eissegeln etwa ist Speed pur und erfordert knapp über dem Eis liegend einiges an Mut. Denn schon bei wenig Wind werden hohe Geschwindigkeiten erreicht. Bis zu 120 km/h schnell können die Boote mit Kufen werden. Mit dem Villacher Philipp Hribar stellte Österreich in dieser Disziplin vor wenigen Jahren sogar einen Weltmeister. Seinen Ursprung hat das Eissegeln im Holland des 17. Jahrhunderts (als Lastensegler), heute ist Polen Spitze. In Österreich eignet sich der Neusiedlersee dafür, über der Grenze reist man gern zum Steinhuder Meer in Deutschland oder dem Glan See in Schweden. Hauptsache, es ist kalt – und das Eis schön dick und stabil. 

Wer auch im Winter nicht aufs Windsurfen verzichten will, geht Eissurfen – auch Snowfen genannt

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Eine Voraussetzung, die ebenso für das Eissurfen gilt – auch Snowfen genannt, ein Hybrid aus Snow und Surfen. Auch hier pumpt den Könnern das Adrenalin durch die Adern, wenn sie mit bis zu 100 Sachen über das Eis fetzen. Erfunden hat es der Kanadier Charles Chepregi, weil er auch im Winter nicht aufs Windsurfen verzichten wollte. Ergebnis waren ein leichtes Board und flache Kufen. In den 1980er-Jahren kam der Sport auf, 1995 fand dann die erste Weltmeisterschaft statt. In Österreich empfohlen werden etwa der Turracher See in Kärnten und der Haldensee in Tirol. Hang loose!
 

Hart am Wind: Eissegeln ist wie Bootfahren mit Kufen an der Unterseite – und bei höllischen Geschwindigkeiten. Bis zu 120 km/h schnell können Eissegler werden

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Vollgas hinter Pferden her

Ein verrücktes Schneespektakel sondergleichen erlebt man beim Skijöring. Es funktioniert folgendermaßen: Als Skifahrer lässt man sich dabei an einem Seil von einem galoppierenden Pferd durch den Schnee ziehen – sollte keines zur Hand sein, sind aber auch Motorschlitten, Auto oder Motorrad möglich. Ein Kraftakt für den Sportler, der gezogen wird. Und einer, der viel an Balance und Geschicklichkeit erfordert sowieso. Zudem findet der Sport im Pulk statt. Und das sorgt vom Startschuss weg, wenn die Teams bei mehr als 50 km/h hautnah nebeneinander um ihren Vorteil kämpfen, für eine brisante Situation nach der anderen. Entwickelt hat sich das Skijöring in Skandinavien, im schweizerischen St. Moritz ging dann 1906 der erste Wettbewerb vonstatten – damals gar noch mit Pferden ohne Reiter am Rücken. Heute meistens mit.

Action pur: Beim Skijöring werden Skifahrer an einem Seil von Pferden hinterhergezogen – bei bis zu 50 km/h Geschwindigkeit

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Wem das zu actiongeladen ist, dem bieten sich auch entspannendere Alternativen. Während die einen sich zum Nacktrodeln hinreißen lassen, schwören die anderen auf Wintergolf. Aus Lust an der Herausforderung und aus Liebe zum Spiel versuchen die Sportler bei ungewohnten Bedingungen am beschneiten Gelände einzulochen oder Turniere zu bewältigen. Mit Eifer geht es im Idealfall über eigene Schneegolfplätze, umringt von herrlichen Bergpanoramen in den Alpen. Dass es etwa beim Putten am Schneeboden eine andere Technik benötigt als sonst, ist klar. Ein guter Tipp ist, beim Wintergolfen nicht ins Cart zu steigen, sondern die Runde stattdessen zu gehen – das hält nämlich warm.

Einlochen am Schnee: Passionierte Wintergolfer greifen auch bei frostigen Temperaturen in den Alpen zum Driver

©swiss-image.ch/swiss-image.ch/Marc van Swoll

Und Golf ist übrigens nicht die einzige Sportart, die im Sommer ideal ist, sich aber auch im Winter ausüben lässt. Einerseits kann man mit dem Fat Bike (das mit den dicken Reifen) unterwegs sein. 

Bahn frei: Mit dem Segway durch die weiße Pracht – spezielle Reifen machen es möglich

©Benjamin Salizzoni

Andererseits ist es Winterurlaubern möglich, sich auf den Segway zu schwingen. Spezielle Reifen machen es möglich, dass man inmitten der weißen Pracht von dem Elektroroller nicht runterfällt – und auf ungewohnte Weise die wunderbare Winterlandschaft genießen kann.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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