Auf der Suche nach Abkühlung: Die Schönheit Freistädter Innenhöfe

Ein Spaziergangsrunde vom Scheiblingturm über Salzgasse, Schlosshof und Hauptplatz

Ich betrat die Altstadt von Freistadt durch die Pforte beim Scheiblingturm. Man geht nicht irgendwie und von überall nach Freistadt hinein, weil die Altstadt nämlich samt und sonders von befestigten Stadtmauern und einem intakten Stadtgraben umgeben ist, die aus dem 14. und 15. Jahrhundert stammen.

 Damals war der Zugang zur Stadt überhaupt nur durch das Linzertor und das Böhmertor – Freistadt liegt 38 Kilometer nordöstlich von Linz und 17 Kilometer südlich der tschechischen Grenze – möglich. Dafür waren Tortürme errichtet worden, die Zugbrücken hinunterließen, sodass auch Pferdefuhrwerke in die Stadt rollen konnten.

Ich betrachtete die Gassen, durch die ich jetzt ging, mit dem aufmerksamen Blick des ortsunkundigen Spaziergängers, der an jeder Kreuzung Angst hat, falsch abzubiegen und die größten Attraktionen zu versäumen. So nahm ich Nick-Knatterton-mäßig wahr, dass an mehreren(!) Häusern der Hinweis appliziert war, hier hätte sich einst das Brauhaus befunden, wo das – übrigens sehr empfehlenswerte – Freistädter Bier gebraut wurde. Ich bog in die Salzgasse ein, ging am Salzhof vorbei, der heute ein Kulturzentrum ist, und bewunderte die gedrungene Eleganz der Bürgerhäuser, die zum größten Teil aus dem Mittelalter stammen und ein berückend schönes, dauerhaftes Ensemble ergeben. Ging weiter durch die Samtgasse – an so einer Adresse möchte ich einmal wohnen! – und spazierte hinüber zum Hauptplatz, wo gerade Markttag war. Der erste Schritt auf den Freistädter Hauptplatz war beeindruckend, weil der dramaturgische Wechsel zwischen engem Gassenwerk und trutzigen Häusern mit meterdicken Mauern und der luftigen Weite des Platzes, eingefasst von prachtvoll moderierten Repräsentationsbauten, volle Wirkung entfaltet. Ich stand an der Ecke des Platzes, sah den Turm des Katharinenmünsters, der einzigen fünfschiffigen Basilika Österreichs, das Rathaus, das als einziges Gebäude ein drittes Stockwerk tragen darf, daneben ein schön bemaltes Haus mit angedeuteten Zinnen, gegenüber das Piaristenhaus mit seinem kecken Türmchen, und dann fiel mir die Baumgruppe auf, die symmetrisch dem Marienbrunnen entgegengesetzt ist und um die herum es Brot, Würste, Käse und Gemüse gab, Dinge, die seit jeher eine starke Anziehungskraft auf mich ausüben.

©Klobouk Alexandra

Gestärkt spazierte ich zum Weyermühlturm, nahm die „Finstere Promenade“, um das Schloss zu umrunden, das heute ein Museum und das Finanzamt beherbergt, dann schlängelte ich mich zwischen Schloss und Schlosstaverne zurück zum Hauptplatz und verlief mich fast in den wunderschönen Gewölben, die unter den Häusern der Böhmergasse Einblicke gewähren und zu Innenhöfen mit zauberhaften Pawlatschen führen. In einigen dieser Höfe waren Pflanzen drapiert und Sitzgelegenheiten aufgestellt, in einem stand eine fette Harley Davidson, das Streulicht betonte die groben, kalkverputzten Mauern. Ich verließ die Altstadt wieder durch die Pforte beim Scheiblingturm, bezaubert von ihrer Schönheit, und zwei Tragerln Freistädter Bier hatte ich auch ergattert.

Die Route

Scheiblingturm – Salzgasse – Samtgasse – Hauptplatz – Weyermühlturm – Finstere Promenade – Altstadtgraben – Schlosshof – Hauptplatz – Böhmergasse – Heiligengeistgasse – Scheiblingturm: 3.600 Schritte

Christian Seiler

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