Der Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit und wie man sie überwindet
Die Psychotherapeutin Amy Morin hat zehn Strategien aufgestellt, um der Einsamkeit entgegenzuwirken. Wie ihr dem unguten Gefühl des Alleinseins entkommt.
Einsamkeit ist nicht nur ein unangenehmes Gefühl, sondern kann auch zu einem ernsthaften Problem werden, das unser körperliches und emotionales Wohlbefinden beeinträchtigen kann. So haben Forscher herausgefunden, dass Einsamkeit in etwa so gesundheitsschädlich ist wie das Rauchen von 15 Zigaretten am Tag und auch ein erhöhtes Risiko für Depressionen wird damit in Verbindung gebracht. Aus diesem Grund hat sich die Sozialarbeiterin und Psychotherapeutin Amy Morin mit der Thematik beschäftigt und zehn Strategien herausgearbeitet, wie man der Einsamkeit trotzt.
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Was euch erwartet:
- Der Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit
- Auswirkungen von Einsamkeit
- Zehn Strategien der Psychotherapeutin
- Hilfsangebote
Der Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit
Der größte Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit ist das Bewusstsein darüber. Alleinsein ist ein selbsterwählter Zustand, der häufig mit vielen positiven Aspekten verbunden wird. Dazu zählen die Möglichkeit sich zurückzuziehen, die Batterien wieder aufzuladen oder einfach nur abzuschalten und sobald man möchte, zurückzukehren zu Freunden oder Familie. Einsamkeit hingegen ist nicht selbstgewählt. Es sind tatsächlich keinerlei Bezugspersonen vorhanden, soziale Isolation tritt ein und das nicht ohne Folgen für die körperliche und emotionale Gesundheit.
Auswirkungen von Einsamkeit
Dauerhafte Einsamkeit ist ein ernstzunehmendes Thema. Sie ist stressig für unseren Körper. Oftmals schämen sich Betroffene für ihre fehlenden sozialen Kontakte und ziehen sich noch weiter aus der Gesellschaft zurück. Das führt nicht nur zu einem hohen Leidensdruck, sondern wirkt sich auch negativ auf die Lebensqualität aus. Nicht umsonst wird Einsamkeit in Verbindung mit Depressionen gebracht. Zudem belegt eine Studie der Brigham Young University, dass Menschen mit einem funktionierenden Freundeskreis ein bis zu 50 Prozent niedrigeres Sterberisiko haben. Der Grund dafür liege vor allem darin, dass Menschen mit sozialen Beziehungen verantwortungsvoller mit sich selbst umgehen.
Doch nicht nur emotionale Folgen sind das Problem. Auch körperlich nehmen wir durch Einsamkeit Schaden. Das Fehlen von sozialen Beziehungen über einen längeren Zeitraum wird inzwischen als ähnlich gefährlich eingestuft wie ständiger Bewegungsmangel, schlechte Ernährung, Nikotin oder übermäßiger Alkoholkonsum. Denn durch das chronische Alleinsein werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen gefördert. Das bestätigen auch wissenschaftliche Studien. Im Rahmen ihrer Untersuchungen stellten die Forschenden fest, einsame Probanden weisen einen erhöhten Anteil des Stresshormons Cortisol auf. Das führt dazu, dass die Empfindlichkeit gegenüber Cortisol geschwächt wird und der Körper als Folge, Entzündungen nicht mehr so effektiv bekämpfen kann. Zudem begünstigt ein erhöhter Cortisolspiegel einen zu hohen Blutdruck sowie zu hohe Blutzuckerwerte und fährt das Immunsystem runter, wodurch die Gefahr von Infekten aller Art steigt.
Aber Einsamkeit kann noch mehr auslösen: Schlafprobleme zum Beispiel. Eine weitere Untersuchung der Cambridge University konnte zudem nachweisen, dass Menschen mit einem schwachen sozialen Umfeld und fehlenden Beziehungen deutlich schlechter schlafen und auch schlechter regenerieren – und so letztlich schneller altern.
Zehn Strategien der Psychotherapeutin
1. Mit anderen Menschen darüber sprechen: Auch wenn es unangenehm ist, solltet ihr eurem Umfeld kommunizieren, dass ihr euch einsam fühlt. Es besteht eine gute Chance, dass sie es verstehen und sich besser darum bemühen, so die Psychotherapeutin.
2. Online mit anderen vernetzen: Die Online-Verbindungen mit anderen ist eine gute Möglichkeit, der Einsamkeit entgegenzuwirken. Ihr müsst dafür keinen Social-Media-Gruppen oder Foren beitreten, schon die online Interaktion mit anderen kann dazu beitragen, sich weniger allein zu fühlen.
3. Kontakt mit Menschen aus der Vergangenheit aufnehmen: Manchmal ist es einfacher, einen alten Freund wiederzufinden, als neue Kontakte zu knüpfen. Meldet euch also bei alten Freunden oder Bekannten, die ihr mal aus den Augen verloren habt.
4. In Verletzlichkeit üben: Möglicherweise besteht das Problem nicht darin, dass ihr nicht genug Menschen um euch herum habt. Es könnte auch sein, dass ihr euch einfach mit den Personen um euch herum nicht verbunden fühlt oder das Gefühl habt, ihr müsst ihnen etwas vortäuschen, da ihr euer wahres Ich nicht zeigen könnt. Darum versucht mit Menschen auf tieferen Ebenen zu sprechen und Verletzlichkeit zuzulassen.
5. Einem Verein oder einer Organisation beitreten: Wer in einem Verein oder bei einer Organisation mitmacht, erhöht die Chance, Menschen mit ähnlichem Interesse kennenzulernen und so ein Zugehörigkeitsgefühl zu erfahren.
6. Podcasts anhören: Ja, auch Podcasts helfen beim Gefühl von Einsamkeit. Das bestätigen auch Forschungen. Wenn ihr hört, wie jemand mit euch spricht, auch wenn ihr die Person nicht persönlich kennt, könnt ihr euch mit ihr verbunden fühlen. Das lindert die negative Empfindung des unfreiwilligen Alleinseins.
7. Ein neues Hobby beginnen: Ebenfalls ein gutes Mittel gegen Einsamkeit ist etwas Neues auszuprobieren. Wer einer Tätigkeit nachgeht, fühlt sich engagierter und weniger allein. Auch bieten zum Beispiel Kurse die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen.
8. Freiwillige Arbeit: Laut Morin hilft auch das Aufnehmen freiwilliger Arbeit gegen Einsamkeit, da die Tätigkeit euch mehr Sinn im Leben und somit ein gutes Gefühl geben kann. Zudem könnt ihr in diesen Kreisen neue Kontakte knüpfen, aus denen bestenfalls Freundschaften werden.
9. Ein Haustier adoptieren: Haustiere leisten Gesellschaft und reduzieren auch so das Gefühl von Einsamkeit. So haben Untersuchungen gezeigt, dass der Besitz eines Tieres zu einem geringeren Ausmaß an Depressionen und Angstzuständen führen kann. Doch Achtung: Ein Haustier bedeutet auch viel Verantwortung. Wer keine Zeit oder ausreichend Kapazität für ein Tier hat, sollte zu dessen Wohl, keines adoptieren.
10. Professionelle Hilfe suchen: Wenn das Gefühl von Einsamkeit überhandnimmt oder ihr damit gar nicht mehr klarkommt, dann ist die Annahmen professioneller Hilfe das Beste. Ein Therapeut kann auch Werkzeuge und Fähigkeiten vermitteln, wie ihr mit dem Gefühl umgehen könnt.
Ihr fühlt euch einsam und braucht Hilfe?
Beim psychologischen Beratungsservice des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen könnt ihr euch kostenlos und anonym beraten lassen. Telefonnummer: 01/504 8000.
Ebenfalls Hilfe findet ihr bei der Telefonseelsorge unter der Notrufnummer 142. Falls ihr nicht telefonieren wollt, könnt ihr auf ihrer Homepage telefonseelsorge.at auch über den Sofortchat um Hilfe ansuchen.
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