Online-Dating: Lang chatten oder schnell treffen?

Oft genug verbringt man Abende allein auf der Couch mit dem Handy in der Hand und chattet mit einer aufregenden, neuen Online-Bekanntschaft. Das Kopfkino fängt an zu laufen und oft genug findet man sich in der Situation, dass man einem komplett Fremden Dinge erzählt, die durchaus intim sind. Die vermeintlich schnelle Connection zur Person fängt an zu greifen. 

Und dann kommt das böse Erwachen. 

“Ich sitze in der Bim auf dem Weg zum ersten Date mit einem erst neulich nach Wien gezogenen Linzer”, erzählt uns Maria. “Wir hatten einige Male bis spät in die Nacht miteinander gechattet, ein guter Vibe war spürbar. Ich freute mich so richtig auf das erste Kennenlernen! Doch leider hatte ich die Zeit etwas übersehen. ‘Verspäte mich um 10 Minuten, sorry’, tippe ich ins Handy. Er: ‘Warte draußen auf Dich, späte Maus.’ Ich beschließe, die ‘Maus’ zu ignorieren. Ich: ‘Setz Dich doch schon mal rein.’ Er: ‘Nein, ich sitze nie alleine in einem Lokal, Maus.’ Ok, jetzt bin ich endgültig verstört. Nicht nur wegen der offensichtlichen Macke des Nicht-Allein-Sein-Könnens, sondern wegen einem Spitznamen, der der Situation nicht angepasst ist. Ich: ‘Wieso Maus?’ Er: ‘Ist Dir Mäuschen lieber?’ Nach einigen Malen hin- und herschreiben wird klar: Er hält sich für neckisch, ich ihn für einen Idioten. Am liebsten hätte ich ihn einfach stehen gelassen. Aber wer wird so unhöflich sein. Also auf in den Kampf.”

“Als ich beim Café ankomme, steht er bereits vor der Tür. Er sieht nicht schlecht aus, aber im ersten Moment nennt er mich wieder ‘Maus’. Wir setzen uns an einen Tisch und fangen an, uns zu unterhalten. Über oberflächliche Themen, es ist wie Zähne ziehen. Zwischendurch versuche ich ihn wegen der ‘Maus’ aufzuziehen, er steigt nicht ein. Nach 20 Minuten ist klar: Er ist zwar attraktiv aber vollkommen unsympathisch. Nach einer guten Stunde beschließe ich, dass das Minimum an Höflichkeit eingehalten wurde und rufe ‘Zahlen’. Er denkt offensichtlich ‘Jackpot’, denn als wir das Lokal verlassen fragt er beinhart, ob wir zu mir oder ihm gehen sollen. Ich frage ihn also: ‘Findest Du wirklich, dass hier irgendeine Art von Wellenlänge ist?’ Er weiß nicht so recht, was er mit der Frage anfangen soll. Ich bringe ihm schonend bei, dass das nichts mehr wird. Er ist beleidigt und zieht ab - und ich bin froh, dass ich das Date schnell abgebrochen habe. Es bleibt die Erkenntnis: Diese vielen Stunden meines Lebens (inkl. Chats und Anreise) bekomme ich nicht mehr zurück. Besser das nächste Mal schneller treffen, denn ob die Chemie stimmt, ist schriftlich nicht feststellbar.”