Kalt duschen, Waldlauf oder Meditieren: So wirst Du glücklich

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere schlitterte der Bestseller-Autor Bas Kast in ein seelisches Tief – jetzt weiß er, wie sein Gehirn für seine Gefühle verantwortlich ist und was ihn glücklich macht.

Gesundheit, eine liebende Familie und eine Million verkaufte Bücher. Trotzdem fühlte der deutsche Bestseller-Autor Bas Kast eine extreme Traurigkeit. Also las er die neuesten Studienergebnisse über Glückshormone, Depressionen und Hirnentwicklung – und suchte nach passenden Therapien wie Eisbaden und Yoga, um sich besser zu fühlen.

Die Ergebnisse veröffentlichte der 50-Jährige vor 25 Wochen – seitdem (!) rangiert das Sachbuch "Kompass der Seele" in den Bestseller-Listen. Der KURIER fragte bei dem Autor nach, wie es ihm heute geht.

KURIER: Sie haben die Recherchen für dieses Buch anfangs nur für sich selbst gemacht: Wie sehen Sie heute auf Ihr Tief zurück?

Bas Kast: Es ist vielleicht etwas paradox: Natürlich wünsche ich mir das Tief nicht zurück – und doch habe ich durch das Tief eine ganz neue Welt kennengelernt: Die Welt der Seele. Ich hätte sonst nie wirklich meditiert, Eisbaden entdeckt oder Psychedelika ausprobiert. Nur durch das Tief habe enorm viele Erkenntnisse darüber gewonnen, was man im Alltag tun kann, um die eigene seelische Resilienz zu stärken. Insofern empfinde ich sogar eine gewisse Dankbarkeit.

Sind Sie glücklich?

Ja. Früher hätte ich mir auf einer Skala von 1 bis 10 vielleicht auf einer 6 oder so eingestuft. Heute eher eine 8. Es hängt natürlich vom Tag ab.

Krisen, Stress, Zukunftsängste: Sie sagen, dass es derzeit um unser psychisches Wohlbefinden nicht allzu gut bestellt ist. Warum derzeit? Krisen gab es immer schon.

Klar, und trotzdem steigen die psychischen Probleme drastisch an, seit Jahren und in den letzten Jahren und Monaten noch einmal verschärft.

Derzeit kommt halt schon eine Menge zusammen: Inflation, Krieg, die Spätfolgen der Pandemie. Hinzu kommt, dass viele von uns hohe Ansprüche an sich selbst haben und unter ständigem Druck stehen. Dazu tragen nicht zuletzt die sozialen Medien bei. In einem Dorf kann man vielleicht zumindest in der einen oder anderen Nische glänzen. In einem globalen Dorf ist das anders. Darüber hinaus ist unsere moderne Gesellschaft so gestaltet, dass wir – insbesondere am Morgen – zu wenig Licht abbekommen, uns viel zu wenig bewegen, zu viel Junkfood in uns hineinstopfen, und all das und mehr kann uns zusätzlich aufs Gemüt schlagen.

Wieso haben wir nicht gelernt, mit den schlechten Tagen und Phasen im Leben umzugehen? Wiese fällt es uns so schwer, negative Gefühle zu spüren und zu akzeptieren?

Bis zu einem gewissen Grad besteht die Funktion negativer Gefühle darin, dass man sie eben nicht akzeptiert, sondern ihre Ursache auf den Grund geht. So wie physische Schmerzen auf ein Problem hindeuten, so auch psychische. Oft erkennen wir diese Gründe aber nicht. Darüber hinaus kann es aber auch sinnvoll sein, negative Gefühle da sein zu lassen und zu akzeptieren, statt diese andauernd zu bekämpfen, vor allem dann natürlich, wenn sich an den Ursachen gerade nichts ändern lässt.

Zur Person

Geboren
am 16. Januar 1973 in Landau in der Pfalz studierte Kast Psychologie und Biologie in Konstanz, Bochum und Boston. 2018 veröffentlichte der Wissenschaftsjournalist und Autor den "Ernährungskompass", der als "Wissensbuch des Jahres" ausgezeichnet wurde und in über 20 Sprachen übersetzt wurde

10 Wege
Für seinen aktuellen Bestseller fasst Kast zehn wissenschaftlich fundierte Wege zusammen, die seinen Körper und Geist erfrischten

Sie haben in Ihrem Buch Glaubenssätze aufgenommen – einen Begriff, den man immer öfter hört. Jeder kennt die Stimme im Kopf wie "Ich bin nicht gut genug" oder "Ich bin zu dick" oder "Ich wurde im Leben schon oft enttäuscht". Woher kommen diese tiefsitzenden Überzeugungen?

Aus unterschiedlichen Quellen. Teils treibt uns unsere Biologie zu einem Immermehr an. Das Gefühl nicht zu genügen, kann ja auch ein Motor sein, sich vermehrt anzustrengen. Die Erziehung und die Erfahrung bedingungsloser Liebe spielen eine Rolle. Dann trägt sicher auch unsere Leistungsgesellschaft ihr Scherflein dazu bei. Schließlich profitiert eine ganze Industrie davon, wenn wir uns chronisch als Mangelwesen empfinden – sie kann dann ein immer neues Produkt anbieten, das Abhilfe verspricht.

Sind alle Gedanken in unserem Kopf wahr?

Nein, natürlich nicht! Überhaupt ist unser Gehirn keine Wahrheitsmaschine, sondern dazu da, unser Überleben zu sichern. Wenn der Gedanke "Du bist zu dick" aus Sicht des Gehirns dazu beiträgt, dass wir auf Instagram besser bei unseren Followern ankommen wollen, dann wird das Gehirn diesen Gedanken immer wieder denken, egal, ob er wahr ist oder nicht. Anerkennung unserer Artgenossen sichert unser Überleben, und deshalb sollte man sich gut überleben, welchen Online-Quellen wir uns aussetzen.

©Mike Meyer

Sie haben nur Themen in das Buch aufgenommen, die bei Ihnen eine spürbare Veränderung gebracht haben. Was haben Sie ausprobiert und hat bei Ihnen keine stimmungsaufhellende Veränderung gebracht?

Es gibt vieles, was nachweisbar wirkt, wozu ich persönlich aber einfach nicht so einen guten Zugang zu gefunden habe: Yoga zum Beispiel, da gibt es recht viel positive Evidenz, aber mir persönlich sagt eine einfache Achtsamkeitsmeditation mehr zu, also habe ich das mehr verfolgt. Auch mit diversen Atemtechniken bin ich nie so richtig warmgeworden, obwohl sie vermutlich sehr hilfreich sein können. Dann gibt es natürlich noch die klassischen Therapien wie die Kognitive Verhaltenstherapie, die ich sehr zu schätzen weiß, die ich aber nie gemacht habe – und also habe ich darüber nur am Rande geschrieben.

Wir gehen spät schlafen, zappen am Abend oder starren in unsere Smartphones. Wären wir eine glücklichere Gesellschaft, wenn wir besser schlafen würden?

Ja, zweifellos, darauf deuten nicht nur viele objektive Daten, sondern jeder weiß ja auch aus eigener Erfahrung, wie wichtig eine gute Nacht Schlaf fürs Gemüt ist, und wer das auf wundersame Weise nicht wissen sollte, muss sich nur ein paar Kinder zulegen. Schlaf reinigt das Gehirn von Giftstoffen, auch so eine neue Erkenntnis, die neben vielen weiteren dazu beiträgt, dass auf diesem Gebiet derzeit ein richtiger Bewusstseinswandel stattfindet. Früher gab man an mit Sätzen wie "Schlafen kann ich auch wenn ich tot bin" – heute ist diese Haltung immer weniger cool.

10 Wege zur Stärkung der Seele, die bei Bas Kast funktioniert haben

All jene, die etwas für Körper und Geist tun wollen, können diese Therapien testen:

  1. Ernährung: Wichtig sind Zutaten für eine entzündungslindernde Kost. Empfehlenswert ist die Mittelmeer-Diät.
  2. Bewegung: Sport ist die beste Stressmedizin.
  3. Anregend: Dauerstress, aber körperliche Herausforderungen fehlen: ein Sprung in den kalten See oder Fasten erhöhen die Stressresilienz.
  4. Natur: Zwei Stunden pro Woche in die Natur.
  5. Schlaf: Schlafmangel schlägt auf das Gemüt.
  6. Licht: Tageslicht oder Tageslichtlampe helfen.
  7. Meditation: Befreit uns von der Stimme im Kopf.
  8. Gelassenheit: Mehr auf innere Ziele fokussieren.
  9. Psychedelika: Keine Trips auf eigene Faust.
  10. Freundschaften: Handy weglegen.

Sie vergleichen das Hirn mit einem Muskel, der Nährstoffe, Bewegung und ein gezieltes Training braucht. Wie könnte das perfekte Tagestraining für unser Gehirn aufgrund Ihrer Erkenntnisse aussehen?

Das hängt sehr vom Einzelnen ab, weil man recht viel Spielraum hat und es ganz wichtig ist, nicht einem starren Programm zu folgen, sondern sich selbst möglichst entgegenzukommen, und das zu tun, was einem liegt. Ich halte zum Beispiel viel davon, morgens Licht zu tanken und eine Runde Joggen zu gehen. Aber man könnte auch mit einer Tageslichtlampe und Indoor-Rudern starten oder meinetwegen mit Gärtnern. Ähnliches gilt für die Ernährung, wobei gilt: Hauptsächlich unverarbeitete Lebensmittel essen, die auch die Großmutter als Nahrung erkannt hätte. Innerhalb dessen ist der Spielraum sehr groß, und da sollte man das zu sich nehmen, womit man sich langfristig anfreunden kann. Spezifisch für das Gehirn am wichtigsten sind vermutlich regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung mit viel Omega-3-Fettsäuren, kein Alkohol, guter Schlaf, soziale Kontakte und geistige Anregung, womit ich keine Kreuzworträtsel meine, sondern eher anregende Diskussionen und komplexe Lernvorgänge oder berufliche Herausforderungen.

Sie stellen in Ihrem Buch auch wissenschaftliche Erkenntnisse zu Psychedelika dar: Diese würden ähnlich wie Meditation eine Haltung von Achtsamkeit und Akzeptanz fördern. Ein Aufruf, sich hin und wieder einen Trip zu gönnen?

Sagen wir lieber: Eine Möglichkeit für jene, die sich zu solchen Erfahrungen hingezogen fühlen. Psychedelika gehören zu den Substanzen, die derzeit eine regelrechte Revolution in der Psychiatrie und Psychotherapie bewirken könnten. Momentan sehen viele sie noch als reine Drogen. Aber dieses allzu einseitige Bild wird sich drastisch ändern. Ich jedenfalls kann sagen, wie die meisten Testpersonen: Die Psychedelika-Erfahrungen gehören zu den bedeutsamsten, spirituellsten und heilsamsten meines gesamten Lebens.

Anita Kattinger

Über Anita Kattinger

Leidenschaftliche Esserin. Mittelmäßige Köchin. Biertrinkerin und Flexitarierin. Braucht Schokolade, gute Bücher und die Stadt zum Überleben. Versucht die Welt zu verbessern, zuerst als Innenpolitik-Redakteurin, jetzt im Genuss-Ressort.

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