Radicchio wärmt in der kalten Jahreszeit
Marktgeschichten, Folge 8: Gut gegen Erkältung und köstlich. Das Superfood Radicchio ist voller Vitamine und Mineralstoffe.
Der kalte Jännerwind pfeift mir um die Ohren, als ich an einem strahlenden Morgen zu Erol gehe, um mich vom reichen Obst- und Gemüseangebot ein bisschen inspirieren zu lassen. „Guten Morgen, Chefin!“, ruft er mir lachend zu, „Was darf es denn heute sein?“. Mein Blick fällt auf die Kisten voller unterschiedlicher Radicchio-Sorten. Rund und rot meliert, länglich oder auch mit festem Strunk und farnartig eingerollten, drolligen Blättern.
„Ist das eine neue Sorte?“, will ich gleich wissen. „Ja“, bestätigt der Marktstandler, „Das ist der Tardivo, er ist bei meinen Kunden der beliebteste. Du kannst den Radicchio roh essen oder braten, je nach Sorte ist er mehr oder weniger bitter.“ Ich lese die Schilder unter dem roten Salat und glaube mich nach Norditalien versetzt, wo ich ein paar Jahre gelebt habe.
Der Alleskönner
Chioggia, Castelfranco, Treviso, lauter schöne Orte, die dem Bittergemüse unterschiedliche Namen verliehen haben.
Der Radicchio ist ein waschechter Italiener, bei uns ist er erst in den letzten Jahrzehnten bekannt geworden. Anfangs als Heilpflanze bekannt, wurde er ab dem 16. Jahrhundert ob seiner Eigenschaft, im Winter geerntet werden zu können, als Nutzpflanze angebaut. Er gehört zur Familie der Wegwarte, auch Zichorien genannt. Diese wiederum kenne ich als süditalienische Spezialität, sie ist sozusagen die grüne Cousine des Radicchios. Bei uns in Österreich kennt man nur noch den Zichorienkaffee, aus Wurzeln gebraut, der einst als billiger Kaffeeersatz in Kriegszeiten getrunken wurde.
Super(food) gegen Erkältung
Zurück am Marktstand. Eine junge Frau packt gerade zwei Köpfe Radicchio in ihr Baumwollsackerl. „Der ist ja ein richtiges Superfood. Voller Vitamine und Mineralstoffe, das kann ich gerade im Jänner gut brauchen, damit ich gegen Erkältungen gerüstet bin“, sagt sie zum Marktstandler. „Gut für die Verdauung ist er auch“, brummelt ein älterer Herr, „das machen die Bitterstoffe“. „Ich mag ihn, weil er praktisch ist“, meint eine Dame mit Hut, „einfach mit Thymian und Zitronenschale würzen, mit Speck umwickeln und ab ins Rohr.“
Zurück im Café schwärme ich Daniel vom herrlichen Leben in Italien vor, da ist der Entschluss, den roten Salat in ein typisch norditalienisches Essen – ein Risotto – zu verpacken, schnell gefällt. Wir kitzeln das Beste aus der Speise heraus, verkochen den Radicchio mit Honig, der das Bittere mildert, zu einem Confit. Italienischer Rotwein darf hier nicht fehlen – damit wir beim Thema bleiben gibt’s Burrata dazu und ich bilde mir noch ein, Granatapfelkerne darüberzustreuen, die saftig knuspern.
Ich summe leise das Lied „Azzuro“ vor mich hin, als Daniel seinen Kopf wieder über die Küchentür steckt: „Nächste Woche machen wir einen Salat mit dem Kringel-Radicchio, mit Berglinsen, Nüssen und cremigem Gorgonzola.“ „Oh ja, und pochierte Birnen in Weißwein und Kardamom schmecken sicher auch herrlich dazu“, rufe ich zurück. Aber das ist eine andere Geschichte.
Tipp
Im Strunk des Radicchios sind die meisten Bitterstoffe, wer es milder haben will, nur die Blätter verwenden.
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