Haubenküche auf Teneriffa: Juwelen auf dem Teller

Eine Expedition zu den Wurzeln der „Nueva Cocina Canaria“. Wie die kanarische Insel Gourmets und Heurigenbesucher gleichermaßen einkocht.

An kulinarischen Klassikern herrscht auf der größten Kanaren-Insel kein Mangel: Papas arrugadas, Runzelkartoffel mit Salzkruste, dazu als Dip die grüne und rote Mojo-Sauce. Als Fleischgericht ist Conejo, Kaninchen, ein Fixposten. Der Eintopf Puchero fusioniert Fleisch und Gemüse. Wenn es Fisch sein soll, flutschen Cherne (der Wrackbarsch) oder Sama (die Zahnbrasse) auf den Teller. Für die süße Note schaut man schon mal „unter dem Vulkan“ nach: Der Honig wird auch aus endemischem Teide-Ginster gewonnen.

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Alles geschmacksintensiv und bodenständig, ein Cocktail der landschaftlichen Vielfalt. Doch abseits von den Bodegas und Guachinches, einer Art Heurigen, sind die Ansprüche zuletzt deutlich gestiegen – in Richtung Nueva Cocina Canaria. Traditionelle Rezepte und lokale Spezialitäten werden verfeinert, Slow Food neu gedacht. Gastronom Mario Torres, von dessen Lokal „El Calderito de la Abuela“ („Omas kleiner Kochtopf“) man perfekt auf Puerto de la Cruz sieht: „Die Gäste verlangen heute mehr – und wir müssen liefern.“ Alejandro Garrido, Küchenchef vom „Haydee“, dazu: „Die Kanaren sind reich an hochwertigen Produkten. Echte Joyas – Juwelen. Unsere Aufgabe ist, daraus ein Erlebnis zu machen.“

Buntes Städtchen Puerto de la Cruz.

©Getty Images/kotangens/IStockphoto.com

Im Süden und Südwesten Teneriffas ist der Zugang mit einem Sterne-Regen belohnt worden. Aktuell funkeln sieben Michelin-Sterne, die sich auf Top-Hotels verteilen. Jüngster Star: Das „San Hô“ im „Royal Hideaway Corales Resort“, spezialisiert auf Nikkei-Cuisine mit japanisch-peruanischen Einflüssen. Die frisch mit einem Stern prämierten Herd-Künstler Eduardo Dominguez und Adrian Bosch: „Wir lieben es, Kulturen zu vermischen.“ Angeln die beiden einen Blauflossen-Thunfisch, wird er in ein geschmackliches Gesamtkunstwerk gebettet: „Die Sauce dazu mag französisch wirken, ist aber ein japanischer Dashi, dem für den Extrakick Chili aus Peru beigemengt wird“. (Siehe Rezept unten)

Eduardo Dominguez und Adrian Bosch.

©Barcelo Hotel Group

Haute Cuisine, die Wellen schlägt

Himmlisch gekocht wird im selben Hotel auch in unmittelbarer Nähe des Rooftop-Pools: Der Zweisterner „El Rincon de Juan Carlos“ ist seit zwei Jahren die Spielwiese zweier Brüder: Juan Carlos Padron zaubert die Hauptgerichte, Jonathan die Nachspeisen. Die mehrstündigen „Experiences“ der Brothers sind legendär, die Gänge Avantgarde.

Drei Sterne in einem Hotel funkeln auf Teneriffa sonst nur noch im Ritz Carlton Abama: Zwei hält der baskische Küchengroßmeister Martin Berasategui in seinem „M.B“, mit einem Stern ist das japanische „Kabuki“ dekoriert.   
Aber auch in (noch) sternelosen Etablissements lässt es sich vorzüglich tafeln. Im „Salazar“ des „Hacienda del Conde“ im landschaftlich umwerfenden Norden pirscht sich als Amuse Gueule ein Shrimp mit Kaninchenleber an, gefolgt von „Paseo por el Atlantico“, einem Atlantik-Bummel. Als Hauptspeise macht ein gegrillter Oktopus mächtig Eindruck.

Versteckter Abama-Strand im Südwesten.

©Andreas Jaros

Tapas Style

Doch nicht nur ein Gänge-Stakkato, sondern auch Tapas können große Glücksgefühle auslösen. Nach einem erfrischenden Bad im Meer vor dem Abama-Strand munden die wunderbaren kleinen Happen in der Club Lounge des El Mirador mindestens so köstlich wie das ausgefeilteste Gericht in der gehyptesten VIP-Hütte: Kanarische Suppe mit Kohl, Rindfleisch und Maiskolben. Spinatsalat mit Ziegenkäse, Pinienkernen und Himbeeren. Dazu ein kühler Weißer – aaah.

Nicht immer muss eben das Verköstigen wie ein Event inszeniert werden, sagt selbst ein erklärter Choreograph wie Alfredo Garrido vom „Haydee“. Bei all den kulinarischen Höhenflügen Teneriffas in Richtung Gastro-Trend-Destination sollten nie die Basics außer acht gelassen werden: „Das gute alte Gemeinschaftsgefühl – am besten schmeckt’s doch in Gesellschaft von Familie und Freunden!“

Rezept

Thunfisch-Galet mit Topinamburpüree  und Gräten-Demiglace

©RocioEslava/Barcelo Hotel Group

Rezept

Thunfisch-Galet mit Topinamburpüree und Gräten-Demiglace

  • Vorbereitung: am Vortag
  • Zubereitung: mehrere Stunden
  • Portionen: 4

 

  • 2 große Galet-Stücke vom Thunfisch (das gelatinhaltige „Kinn“-Stück, möglichst frisch  vom Fischhändler kaufen!)
  • 1 Knoblauchknolle, 2 Zwiebeln, 100 g Ingwer, 4 Eiertomaten,
  • 2 Karotten, 500 g Topinambur
  • 80 g Aji Panca-Paste (braune Chilipaste)
  • ½ Liter Rotwein, ½ Liter Obers, 8 Pak Choi Blätter, Salz

- Die Thunfischstücke dreißig Minuten in Eiswasser ausbluten lassen, das Wasser drei Mal wechseln. Danach wieder in Eiswasser legen, über Nacht stehen lassen
- Am nächsten Tag abgießen, vakuumieren und vier Stunden bei 62 Grad garen. Gibt es keine Möglichkeit, die Stücke sous-vide zu garen, im Topf kochen: Dazu den Thunfisch in Rindsuppe legen, sodass die Stücke bedeckt sind und bei sehr langsamer Hitze 2,5 Stunden kochen
- Die Thunfisch-Stücke reinigen und von Gräten, Schuppen und überschüssigem Fett befreien. Haut und Knochen beiseitelegen, um später die Sauce zuzubereiten
- Mithilfe von Frischhaltefolie aus dem Fisch eine Rolle formen. Dieser Vorgang wird am besten durchgeführt, wenn die Stücke noch warm genug sind, um mit den Händen arbeiten zu können. Sobald die Rolle geformt ist, kühlen und aufbewahren

 Gräten-Demiglace
- Knoblauch, Zwiebel, Ingwer und Karotten bei mittlerer Hitze sechs Minuten lang dünsten. Die Tomate und die Aji Panca-Paste hinzufügen und alles acht Minuten bei schwacher Hitze garen
- Die aufbewahrten Thunfischreste (also Gräten, Haut und Knochen) im Ofen backen und danach zum Gemüsefond geben. Mit Rotwein ablöschen und auf die Hälfte reduzieren. Mit Wasser bedecken, bei mittlerer Hitze 20 Minuten ziehen lassen
- Abseihen und reduzieren, bis die gewünschte Textur erreicht ist. Die Sauce sollte glänzend und dickflüssig sein. Abschmecken  

Topinamburpüree
- Den Topinambur im Obers kochen. Abseihen und pürieren. Mit Salz abschmecken und beiseitelegen

Anrichten
- Den Thunfisch in 50 g große Portionen schneiden und im Ofen bei 65 Grad erhitzen. Die Pak Choi-Blätter bei starker Hitze anbraten. Alles in einem tiefen Teller anrichten, warm genießen.

Info

Anreise
Bis auf Mai und Juni (nur Samstag) 2 x wöchentlich nonstop mit der AUA nach Teneriffa-Süd, austrian.com
Die Ganzjahresdestination Teneriffa mit dem höchsten Berg Spaniens (Teide, 3. 715 m) und einer Jahresdurchschnittstemperatur von 22 Grad ist besonders im Norden spektakulär, der Süden ist karger, sonniger und Party-orientierter. Für Aktivurlauber ist es überall eine Fiesta, vom Surfen bis zu Wanderungen (1.500 km-Wegenetz).

Sterne-Restaurants
Das „Ritz Carlton Abama“ kommt mit seinem M.B (2) und Kabuki (1) genauso auf drei Sterne wie das „Royal Hideaway Corales Resort“ mit dem „El Rincon de Juan Carlos“ (2) und San Ho (1). Als drittes Luxushotel ist das „Bahia del Duque“ sternengekrönt – dank seines Fusion-Lokals „Nub“ (1).

Auskunft

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