Wein aus Südtirol: Abseits von Vokuhila

Zugegeben, in Südtirols Weinszene steppt nicht gerade der Bär.

Das hat wohl auch damit zu tun, dass die Mehrheit der Weine aus großen Kellereien kommt. Und doch kann man Preziosen aufspüren, so man willens ist, von den Geschmacksautobahnen abzufahren und sich in ungetrimmtes Gelände zu begeben.  Die einst ruhmreiche Weinregion fabrizierte nach dem Zweiten Weltkrieg überwiegend mediokren Massenwein: Kalterer See und St. Magdalener galten als Synonym für grausam banale Tropfen, die auf wundersame Weise dennoch eine erkleckliche Anhängerschaft fanden.
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Überreif, konzentriert und verholzt musste es sein – sonst schmeckte es dem gemeinen Weinkenner nicht.

In den 1980er-Jahren drehte man dann auch in Südtirol die Fähnchen nach dem Wind und der wehte zu jener Zeit uniform: Heimische Sorten wurden vielerorts ausgerissen und durch Chardonnay, Merlot und Co. ersetzt – wie in so gut wie jeder anderen Weinbauregion auch – eine önologische Globalisierung, die ihre Krönung in völlig gleichgeschalteter Vinifikation fand: Überreif, konzentriert und verholzt musste es sein – sonst schmeckte es dem gemeinen Weinkenner nicht. Angesichts von modischen Missverständnissen wie Schulterpolster, Karottenhosen und Vokuhila-Frisuren dazumal, erstaunt es dann auch nicht, dass man weintechnisch so daneben griff. Vor den alten Sorten Vernatsch und Lagrein hingegen rümpfte man gemeinhin die Nase, bis ein paar eigensinnige Winzer sich ihrer wieder annahmen. Allen voran Martin Gojer, der in seinem Weinhof Pranzegg hoch über Bozen Vernatsch und Lagrein macht, dass man ehrfurchtsvoll die Ohren anlegt.


Südtirol ist heuer Gastland der internationalen Weinmesse „VieVinum“ , Wiener  Hofburg von 21. bis 23. Mai 2022 

Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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