Flaschenpost: Wermut gegen Schwermut
Der Wermut entwickelt sich vermeintlich zum Trend, ist und bleibt allerdings ein Klassiker.
Von einem Trend kann keine Rede sein, auch wenn sich Wermut zunehmend in gut sortierten Aperitif-Karten findet. Dafür ist der mit Kräutern aromatisierte, aufgespritete Wein dem gemeinen Trinker zu bitter und zu wenig bunt. Er taugt auch nicht als Content für wannengroße Gläser mit Dekorübertreibung. Wermut macht nichts her. Abseits bekannter Marken finden sich dennoch zunehmend Produzenten, die nicht nur ordentlichen Wein verwenden, sondern auch natürliche Kräuterauszüge. Protagonist ist naturgemäß das Wermutkraut, Artemisia absinthium. Man schreibt dem Bitterkraut gesundheitsfördernde Wirkung zu – praktischerweise wirkt es sowohl appetit- als auch verdauungsanregend.
Maßloser Genuss hingegen kann scheinbar zu Sinnesverwirrung, Wahnvorstellungen und Delirien führen. Das war wohl der Grund für den Absinth-Hype Ende des 19. Jahrhunderts. Guter Wermut zeigt vielschichtige Aromen, ist bitter und kaum süß. "Wermutlich“ vom Bioweingut Andert etwa, Alfred von Manfred Tement und Alois Gölles, "Bärmut“ vom Gasthaus Trippolt, der Apotheker-Wermut von Saint Charles, Motif vom Weingut Muster oder der feinherbe "Wermuth“ der Brennerei Guglhof. Auch wenn uns ein gnädiges Schicksal einen Traumseptember bescherte, im Herbst ist schneller November, als einem lieb ist. Und dann braucht es Wermut gegen Schwermut.
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