Flaschenpost Weingläser

Flaschenpost: Local Heroes

Wie traditionelle Sorten einst den internationalen Reben Platz machen mussten und worauf Weinkenner heute setzen.

Man erinnere sich an die 1970er-Jahre, als wie besessen handgefertigtes Interieur eliminiert und neue uniforme Möbel aus Pressspanplatten und Kunststoff diverser Einrichtungsketten angeschafft wurden. Man wollte mit der Zeit gehen und so eingerichtet sein wie alle anderen auch. Jahre später erstand man dann reumütig wieder alte Möbel beim Antiquitätenhändler. So erging es auch den Reben: Alteingesessene, regionale Sorten wurden ausgerissen, um internationalen Sorten wie Chardonnay, Sauvignon blanc oder Cabernet Sauvignon Platz zu machen. Auch hier glaubte man, mit der Mode gehen zu müssen und unterwarf sich freiwillig einem uniformen Geschmacksbild. Ein Wein galt als hochwertig, wenn er haargenau gleich schmeckte wie überall sonst auf der Welt.  

Die Roten wurden eingedickt und mit Leder-, Tabak- und Moschus-Aromen versehen, bis es aus dem Glas roch wie aus einem Western-Saloon.

Christina Fieber

Großes Vorbild waren dabei Bordeaux und die Neue Welt. Ob die Rebsorte klimatisch oder bodentechnisch in die Region passte, tat nichts zur Sache. Im Keller wurden die Weine konzentriert, mit Aromahefen und -enzymen hergerichtet und so lange im neuen Barrique gelagert, bis selbst die letzten Spuren eines ursprünglichen Geschmacks getilgt waren. Weißweine mussten nach Pfirsich Melba und Vanille schmecken und die Roten wurden eingedickt und mit Leder-, Tabak- und Moschus-Aromen versehen, bis es aus dem Glas roch wie aus einem Western-Saloon. Heute rudern viele wieder zurück. Gefragt sind nun alte, regionale Sorten, die sich nicht nur den Bedingungen der Umgebung gut anpassen, sondern auch geschmacklich unverwechselbare Charaktere sind.

Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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