Barbara van Melle erklärt, worauf es beim Brotbacken ankommt

Brotbacken als kleine Kunst: Warum die Qualität des Mehls so ausschlaggebend fürs Aroma ist, und wie man lernt, Teige zu beurteilen...

Sauerteig ist für viele noch immer ein Schreckgespenst und gilt als schwierig. Barbara van Melle ist – so darf man sie ruhig nennen – die heimische Königin des Brotbackens. Mir ihrem Projekt "Kruste & Krume" ist sie nicht nur auf Youtube vertreten, sie gibt mit Mitbegründer Simon Wöckl auch Brotbackkurse und betreibt die erste Mehlgreißlerei Wiens. 

Die Biologie und Mechanik hinter dem Brotbacken zu verstehen, ist für ein gutes Ergebnis das Allerwichtigste: "Beim Rezepteschreiben muss man immer standardisieren", erklärt Barbara van Melle. "Man muss Standardtemperaturen, die Flüssigkeitsmenge oder Zeiten angeben. Doch die Wahrheit liegt immer wo anders, da es so viele äußere Parameter gibt. Backe ich im Winter bei 21 Grad oder im Hochsommer während einer Hitzewelle? Welches Mehl verwende ich – etwas Einfaches aus dem Supermarkt oder ein Bäckermehl (das viel mehr Wasser aufnimmt)?"

Gewinnspiel

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Um zu gewinnen, schicke ein Foto von dem Brot, das du gerade zuhause hast, an [email protected] und sag uns, warum du besseres Brot backen willst. 

 

Betreff: Seasons Change
Einsendeschluss: Mi, 16. März um 12.00 Uhr

Temperatur beim Brotbacken

Dass Roggensauerteige bei über 27 oder besser 30 Grad reifen sollen, ist für den Geschmack sehr wichtig. "Zu kalte Temperaturen erzeugen eine gewisse Säure, die man nicht will. Um den richtigen Hefetrieb und die Bildung von Milchsäurebakterien anzuregen, muss ein Roggensauerteig immer warm genug geführt werden."

Umgekehrt sollten Weizenteige nicht über 26 Grad warm werden. "Das kann im Sommer während einer Hitzewelle herausfordernd sein – nicht nur bei Hobbybäckern. Auch Profis kämpfen in der warmen Backstube damit." Hier kommen eben das Wissen und die Erfahrung ins Spiel, von der zu Beginn die Rede war. "Die Eiweißstruktur wird geschädigt, wenn der Teig beim Kneten zu warm wird, deswegen nimmt man dann kaltes statt lauwarmes Wasser."

Barbara van Melle vor ihrem Brotback-Atelier

©Kurier/Juerg Christandl

Eine gewisse Flexibilität gepaart mit Experimentierfreude ist zum Brotbacken definitiv nötig. Umso wichtiger ist es, dass man die Grundlagen versteht – vor allem, wenn es um gewisse Getreidesorten geht. 

"Prinzipiell gilt: Teige mit hohem Roggenanteil müssen nur vermischt, nicht geknetet werden. Bei hohem Weizenanteil ist das Kneten wichtig für die Glutenstruktur", erklärt van Melle. "In unseren Kursen nehmen wir den Teig zwischendurch immer wieder aus dem Rührgerät und überprüfen die Struktur. Kann man den Teig ähnlich wie einen Strudelteig lang und glatt ziehen, ist er fertig." Besonders bei Dinkelteigen und anderen "alten" Getreidesorten sollte man hingegen mit dem Kneten zurückhaltend sein. "Ist so ein Teig überknetet, kommt höchstens ein flaches, fades Fladenbrot heraus", lacht die Bäckerin. 

Es muss nicht zwingend Sauerteig sein

Auch mit Hefe kann man tolle Brote backen, findet Barbara van Melle. "Wir backen im kommenden Onlinekurs (s.u.) ein einfaches Wurzelbrot mit geringem Hefeanteil in der Wanne." Wichtig ist es, diese Brote mindestens 12 Stunden im Kühlschrank gehen zu lassen. "Dort bilden sie erst das richtige Aroma aus." 

Für ein richtig aromatisches Brot ist aber vor allem das Mehl entscheidend. "Ich vergleiche das gerne mit Wein. Jeder weiß, dass beim Geschmack Rebsorten, Terroir, Gegend und Jahrgang entscheidend sind. Bei Mehl ist es sehr ähnlich, nur weiß es niemand. Es gibt unzählige Weizen- und Roggensorten. Und auch der Jahrgang ist beim Mehl entscheidend. Hat es zum Beispiel in einer Anbausaison viel geregnet, verändert sich die Enzymatik."

Reine Weizenbrote mit viel Volumen sind momentan sehr beliebt

©Getty Images

Das Mehl bestimmt das Aroma

Und welches Mehl zählt momentan zu den Favoriten von Barbara van Melle? "Ich backe momentan viel mit Waldstaudenmehl. Damit entsteht ein herrliches Roggenbrot mit Honig, das ich im Kasten mache." Auch die italienischen Weizenmehle haben es van Melle angetan. "Die Italiener haben 25 verschiedene Mahlgrade. Bei uns kennt man ja nur 480, 700 und 1600. Mit Tipo 1 (von Mulino di Dronero) kann man zum Beispiel unglaubliche Mürbteig-Kekse backen."

Apropos Aromatik. Einen kleinen Trick verrät Barbara van Melle zum Schluss noch: "Wer Brot mit Walnüssen liebt, kann die Walnüsse vorher kurz anrösten. So kommen wunderbare Röstaromen ins Brot."

Wer mehr lernen will, schaut am besten nächstes Wochenende beim Food Festival "Seaons Change" vorbei. Wir verlosen 25x2 Tickets:

Seaons Change

Das 2. Online Food & Mind Festival

Live-Kochen mit Spitzenköch*innen. Backen & Workshops. Yoga. Gespräche & neue Impulse

Wann

19. März 2022 / 14:00 – 20:00 Uhr
20. März 2022 / 09:00 – 16:00 Uhr

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Ein inspirativer Tag für alle, die nicht nur Kochen und gutes Essen lieben, sondern auch die Welt um uns herum weiterentwickeln und verbessern wollen. Mehr Infos: brandstaetterverlag.com

Sandra Keplinger

Über Sandra Keplinger

Seit Sommer 2021 im KURIER Medienhaus, zuerst als Digital Producer für die Freizeit, jetzt im Audience Development tätig. Sie arbeitete als Foto- und Modechefin beim WIENER, schrieb über das Mode-Business in der DIVA und war CvD bei Falstaff.

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