Marktgeschichten

Saftige Brombeeren läuten den Herbstbeginn ein

Marktgeschichten, Folge 29: Im Wald gibt es jetzt lila Farbtupfer – von Brombeerviolett bis Zyklamenlila. Der Herbst ist da!

Ich schlendere über den Markt, der sich an diesem sonnigen Tag in allen Farben zeigt. Die ersten Kürbisse leuchten in korallenorangen Tönen, die Zwetschken zeigen sich im veilchenfarbenen Kleid und daneben liegen die dunklen, fast mystisch anmutenden Brombeeren. „Heuer ist ein richtiges Brombeerjahr“, meint eine  Dame, die sich neben mir zu Erols Gemüsestand gesellt. „Ich habe auf dem Flohmarkt ein altes Milchkännchen gekauft, das hänge ich an meinen Gürtel, dann geht es am Wochenende in den Wald zum Brombeerbrocken“, erzählt sie. „Heute pflücke ich die Brombeeren aber am Markt; ich serviere sie meinen Gästen zu einer Vorspeise mit gebratenen Eierschwammerln und Artischocken und als Nachspeise backe ich sie zusammen mit Äpfeln und Mandelstreusel. Und ein Gelee möchte ich auch noch kochen.“

"Kratzbeere"

Meine Gedanken schweifen gleich in den Wald zu den lila Blumen, die ab September als Herbstboten verkünden, dass auch dieser Spätsommer langsam ein Ende nimmt. Sind es in den Bergen die Zyklamen, zähle ich auf den Wiesen des Wienerwaldes die Herbstzeitlosen, die zeitgleich mit der Reife der Brombeeren aus der Erde sprießen. Botanisch ist die schwarze Frucht gar keine Beere, sondern eine Sammelsteinfrucht wie ihre Schwester, die Himbeere. Sie ist ein wahres Spätsommerkind, dem ein frostiges Lüfterl im Winter nur recht ist, darum wächst sie vor allem auf der Nordhalbkugel. In der Naturmedizin werden auch ihre Blätter verwendet, die getrocknet einen wohlschmeckenden Tee ergeben und fermentiert als Ersatz für Schwarztee verwendet werden. Im Volksmund wird sie auch „Kratzbeere“ genannt, jedes Kind, das Bekanntschaft mit ihren Stacheln gemacht hat, weiß warum.

Kuchen als Geschenk

Zu Hause packt mich die Backlust, als ich die Früchte betrachte, die darauf warten, zu einem Kuchen verarbeitet zu werden. Ein Germteig soll es werden, ein altmodischer Butterkuchen, mit Brombeeren und Streuseln obendrauf, das wird eine herrliche Jause! Da verlässt mich kurz der Mut, weil  der Liebste eher mit einem Speckbrot  aus seinem Homeoffice zu locken ist. Ein Germteig nur für mich erscheint selbst mir als übertrieben, da habe ich die rettende Idee: Es wird ein riesiger Blechkuchen und ich beschenke meine Mitmenschen.  

Aufschneiderin

Gesagt, getan. Ich schneide den ofenwarmen Kuchen in Stücke und mache mich auf den Weg zu meiner Nachbarin, als mir eine ältere Dame auf der Straße begegnet. „Darf ich auch ein Stück haben?“, scherzt sie und ist erstaunt, als ich ihr  das erste Stück in die Hand drücke. Meine Freundin und ihre Kinder freuen sich über einen unverhofften Nachmittagssnack, den Rest verschenke ich im Café an meine Mitarbeiterinnen und an die Marktstandler. Als sie alle selig den weichen Teig verdrücken, der die süß-säuerlichen Brombeeren umhüllt, weiß ich wieder einmal, warum das Backen meine Leidenschaft ist – weil ich viele Menschen glücklich machen kann.
 

Tipp

Brombeeren möglichst nebeneinander auf Küchenpapier lagern, erst kurz vor dem Verzehr waschen  

Über Nicole Ott

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